Der Leistungsträger - Blog

Nach wie vor ist Vertrauen für Führungskräfte einer der Punkte, mit dem sie am meisten hadern. Oft hat das mit den eigenen Erfahrungen und einer (veralteten) Unternehmenskultur zu tun. Die gute Nachricht: Vertrauen in der Mitarbeiterführung lässt sich lernen. Damit legen Sie den Grundstein für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Beitrag lesen Sie:

Vertrauen und Mitarbeiterführung? Das passte lange nicht zusammen

Über Generationen hinweg schärfte man Führungskräften ein, sich bloß nicht zu gemein zu machen mit den Mitarbeitern. Vertrauen in der Mitarbeiterführung wurde mit viel Skepsis betrachtet. Stattdessen hieß es:

  • Distanz wahren,
  • eine gesunde Portion Misstrauen an den Tag legen,
  • klare, nicht zur Diskussion stehende Anweisungen geben,
  • trotzdem – schließlich weiß man ja nie – Abläufe kontrollieren und
  • die Leine bloß nicht zu lockerlassen oder gar ganz abschaffen, da sonst Chaos ausbricht.

Führungskräfte wurden nach Kriterien wie Ellenbogenqualität und Härte ausgewählt. Das wurde dann Durchsetzungsfähigkeit genannt und entsprach einer erfolgreichen Führungskraft.

Es ist also wenig verwunderlich, dass flache Hierarchien, Eigenverantwortung und Transparenz viele Entscheider immer noch überfordern, auch wenn an jeder Ecke danach gerufen wird.

Vertrauen: Als Führungskraft die Basis des Erfolgs

Immer wieder stoße ich auf Umfragen, die zeigen, dass viele Mitarbeiter kein Vertrauen in ihre Chefs haben. Das ist bestimmt nicht neu für Sie. Gerade eben bin ich auf die Führungskräftebefragung 2015 der Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e. V. aufmerksam geworden.

Obwohl die Befragung schon etwas älter ist, wird sich an den Ergebnissen nur unwesentlich etwas geändert haben: Demnach sind die wichtigsten Werte der Führungskräfte Vertrauen, Verantwortung und Integrität, gefolgt von Respekt, Nachhaltigkeit und Mut.

HR-Orientierung und Innovationsstreben

Die größte Werte-Diskrepanz zwischen Führungskräften und ihren Unternehmen zeigt sich gemäß der Umfrage in den Bereichen HR-Orientierung und Innovationsstreben. Die befragten Manager wünschen sich vor allem Wertschätzung und Personalentwicklung sowie dynamisches unternehmerisches Handeln, Freiheit und Kreativität im Unternehmen – die Realität sieht oftmals allerdings völlig anders aus.

Die Folgen sind gravierend, denn eine hohe Werte-Diskrepanz hat einen direkten negativen Effekt auf die intrinsische Motivation und Zufriedenheit – mit entsprechenden Auswirkungen auf ihre Kooperationsbereitschaft. Je weniger die verschiedenen Werte im Unternehmen aus Sicht der Führungskräfte gelebt werden, obwohl sie sich diese wünschen, desto weniger engagieren sie sich selbständig für ihre Arbeit. Dann stehen eher extrinsische Anreize wie Boni oder Beförderungen im Vordergrund. Spannend, oder?

Ohne Vertrauen kein nachhaltiger Erfolg

Dazu Sven Korndörffer, Vorsitzender des Vorstands der Wertekommission:

Das Werteverständnis der Führungskräfte offenbart (…) über die Jahre eine erstaunliche Kontinuität: Vertrauen, Verantwortung und Integrität bilden ein auch im Zeitablauf stabiles Wertegerüst. Für die Unternehmen ist das ein klares Signal: Die Forderung nach verantwortungsvoller Führung ist keine Modeerscheinung, sondern zwingende Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg.

In einer aktuellen Umfrage zeigt sich: Angestellte glauben nur zu 53%, dass Ihnen ihr Chef vertraut. Fragt man die Arbeitgeber, so sagen 73 % aller Führungskräfte, dass sie ihren Mitarbeitern (im Homeoffice) uneingeschränkt oder weitgehend vertrauen. Führungskräfte vertrauen also den Mitarbeitern tatsächlich mehr, als die Mitarbeiter annehmen. Spannend, oder?

Vertrauenscheck: Können Sie loslassen?

Vertrauen lernen ist eine echte Königsdisziplin – auch wenn kaum jemand darüber spricht. Manchmal formuliere ich es so: „Es ist nicht so, dass wir nicht vertrauen können. Viele von uns haben aber über Jahre hinweg diese Fähigkeit verlernt. Dieser „VertrauensMuskel“ ist aus der Übung gekommen. Dabei lohnt es sich gerade für eine Führungskraft, Vertrauen zu lernen.

In einem spannenden Interview auf Zeit Online sagt die Juristin Diana Nier “Führung heißt in Zukunft auch loslassen“. Frau Nier bezieht den Begriff vor allem auf die in vielen Unternehmen bis vor Kurzem noch immer verankerte Präsenzkultur. Letzten Endes lässt er sich aber auf alle Bereiche anwenden. Oder anders gesagt: Unternehmen, in denen die Präsenz der Mitarbeiter vor Ort nun mal schlicht nötig ist, können das Loslassen auf vielerlei Arten praktizieren.

Während der Corona-Krisenzeit durften die Unternehmen das lernen. Fast alle Mitarbeiter waren im Home-Office. Die Arbeit musste trotzdem gemacht werden. Die Ergebnisse mussten stimmen, egal, ob der Chef anwesend war oder nicht. Ein Paradebeispiel, in dem jede Führungskraft sich selbst auf den Prüfstand stellen durfte: Kann ich vertrauen? Kann ich loslassen …. Oder fällt mir das schwer? Falls ja, dann ist es an der Zeit Vertrauen zu lernen.

3 Tipps, wie Sie sich von Vertrauen bei der Mitarbeiterführung leiten lassen

Es kostet Mühe und Überwindung, eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur zu etablieren. Dennoch ist die Herausforderung schaffbar, selbst dann, wenn Ihr Führungsstil bislang von Misstrauen geprägt war. Im Folgenden gebe ich Ihnen drei konkrete Tipps zur Umsetzung an die Hand.

1.) Verankern Sie Vertrauen als Grundpfeiler im Unternehmen

Wichtig ist, dass sich dieser vertrauensbasierte Führungsstil von oben bis unten konsequent durchzieht. Dass er von den Unternehmenslenkern und Entscheidern wirklich gewollt und praktiziert wird. Und genau hier liegt teilweise das Problem.

Was passierte in der Vergangenheit, wenn etwas schief ging, ein Fehler eintrat? Die meisten Führungskräfte und Mitarbeiter werden die Erfahrung gemacht haben: Wenn ein Fehler passiert, gibt es Ärger. In der Konsequenz müssen Ärger und damit Fehler vermieden werden. Naheliegend ist dann die Kontrolle zu erhöhen.

Hinter dem Kontrollwahn, der in vielen Unternehmen herrscht, steckt oft Angst. Nicht nur die Angst vor dem Fehler, sondern auch von den Konsequenzen, die sich daraus ergeben: Angst vor dem Verlust der eigenen Position. Angst vor der Zukunft. Angst vor Veränderung.

2.) Fördern Sie Transparenz und Eigenverantwortung

Bestimmt Vertrauen die Mitarbeiterführung, sollten Sie sich in Ihrem Führungsstil von Transparenz und Eigenverantwortung leiten lassen. Wer Transparenz für falsch hält, weil das Team ja nicht alles wissen muss, wer seinen Mitarbeitern keine Eigenverantwortung zutraut, weil der Laden sonst nicht läuft, wer diktiert anstatt zum Mitdenken zu animieren, handelt aus Misstrauen – und potenziert es.

3.) Bleiben Sie auf Augenhöhe

Vertrauen, auf Augenhöhe und nicht mehr aus Distanz führen, wo bislang doch Misstrauen gepredigt und gelebt wurde – das ist sicher keine leichte Aufgabe.

Aber eine lohnenswerte, eine notwendige und auch lösbare Herausforderung!

Ich bin mir sicher, dass die Motivation der Mitarbeiter ganz erheblich steigen würde, wenn sie aus Überzeugung sagen könnten: „Mein Chef vertraut mir – und ich vertraue ihm.“

Es gibt Unternehmen, die es genauso machen, die auf Augenhöhe agieren – und ich denke, ihnen gehört die Zukunft. Lassen Sie uns hoffen, dass es immer mehr werden!

Sie hören lieber?

Folgen Sie in meiner Podcast Episode #31 der realen Geschichte von Tobias K. Er ist Anfang 50, ein sehr erfolgreicher Geschäftsführer und es ist ihm sichtlich peinlich die Frage „Wie kann ich Vertrauen lernen“ zu formulieren.

Aus dieser Podcast-Folge werden Sie Tipps erhalten, wie Sie als Chef Ihren Mitarbeitern (wieder) vertrauen. Wie Sie ein stabiles Vertrauen zu Mitarbeitern aufbauen, selbst wenn Sie zur „misstrauischen Sorte“ gehören und ein komischer Kauz sind.

Hier geht’s zur ganzen Geschichte im Podcast:

Aus dieser Folge werden Sie mitnehmen, mit welchen 3 Tipps Sie einen vertrauensbasierten Führungsstil aufbauen:

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie haben große Problem damit, Ihren Mitarbeitern vorbehaltlos zu vertrauen? Das lässt sich ändern. Kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de – und wir finden im Coaching gemeinsam einen Weg.

Foto von Kampus Production / Pexels

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager