Der Leistungsträger - Blog

Heute geht es um ein heikles Thema: Sollte man besser keine Schwäche zeigen? Oder anders gefragt: Dürfen Führungskräfte Schwäche zeigen? Am Ende des Artikels werden Sie wissen, wie und wann eine Führungskraft Schwächen zeigen darf. Sie erfahren, wann aus Ihrer Schwäche eine Stärke wird, wann es wichtig ist, Unsicherheit und Verletzlichkeit zu zeigen, und wann es besser ist, Ihre Schwäche für sich zu behalten. Konkret lesen Sie,

  • wie ich auf das Thema „(K)eine Schwäche zeigen“ gestoßen wurde,
  • warum es auf die Frage „Dürfen Führungskräfte Schwächen zeigen?“ 5 Antwortmöglichkeiten gibt,
  • warum und wie Schwäche eine echte Stärke sein kann – gerade, wenn Führungskräfte sie in Krisenzeiten zeigen,
  • in welchen Situationen Sie Schwäche zeigen dürfen – und wann besser nicht – als praktische Entscheidungshilfe und
  • Sie erfahren anhand von zwei Fallbeispielen aus meiner Coaching-Praxis, wie zwei Top-Manager mit dem Thema „Schwäche zeigen“ umgegangen sind.

Vorgeschichte: Wieso „Schwäche“ für Führungskräfte ein wichtiges Thema ist

Gudrun Happich bei Regina VolzVor kurzem erhielt ich von meiner wertgeschätzten Kollegin Regina Volz von Personalberatung Volz eine Anfrage:

„Was fällt Dir ein zu der Frage: Dürfen Führungskräfte Schwäche zeigen?“

Sie bat verschiedene Experten um Ihre Meinung und hat daraus eine PodcastFolge erstellt.

Ich fand die Frage so spannend, dass ich mich sofort an die Antwort gemacht habe. Dabei sind mir verschiedene Unterfragen und Antworten eingefallen, an denen ich Sie gerne teilhaben lassen möchte.

Auf die eine Frage: „Dürfen Führungskräfte Schwäche zeigen?“, erhalten Sie heute gleich 5 Antworten – aus jeweils ganz anderen Perspektiven.

Eine Frage, fünf Nuancen: Darf ich als Führungskraft Schwäche zeigen?

Die Frage „Dürfen Führungskräfte Schwäche zeigen?“ würde ich ganz unterschiedlich beantworten. Abhängig davon, was mit „Schwäche“ im Zusammenhang mit Führungskräften überhaupt gemeint ist. Tatsächlich gibt es mindestens fünf verschiedene Lesarten von „Schwächen“ bei Führungskräften.

1.) Darf ich Schwäche zeigen = Darf ich Gefühle zeigen?

Verstehe ich darunter: Darf ich Gefühle zeigen? Darf ich menschlich sein und bleiben? Dann lautet meine Antwort: JA – bitte zeigen Sie Ihre Gefühle und Emotionen auch und besonders in den Top-Ebenen.

Wie komme ich zu dieser eindeutigen Antwort?

Vor einigen Jahren durfte ich ein Unternehmen begleiten, das in deutlicher Schieflage war. Das Unternehmen stand kurz davor auseinander zu brechen. Ich wurde als „Retterin in der Not gerufen“.

Wo lag der Hase im Pfeffer?

Es stellte sich heraus, dass die 10 Gesellschafter und Geschäftsführer über 15 Jahre bei Problemen immer nur über „operative Lösungen“ gesprochen haben, aber nie über persönliche Gefühle und Befindlichkeiten.

Nachdem hier ein offener Umgang gefunden wurde, stand dem weiteren Unternehmenserfolg nichts mehr im Weg.

Also klare Antwort: Führungskräfte sollten auch ihre Emotionen zeigen. Denn Gefühle zeigen, heißt Mensch bleiben.
Diesem Thema habe ich einen eigenen Blogartikel gewidmet: Emotionen im Business?

2.) Darf ich Schwäche zeigen = Darf ich Verletzlichkeit zeigen?

Aus meiner Erfahrung kommt das sehr drauf an.

Vergleichen wir mal „Verletzlichkeit / Verwundbarkeit“ mit „Nacktheit bzw. ich bin ungeschützt.“

Würden Sie freiwillig am Nordpol nackt rumlaufen? Nein? Warum nicht? Wahrscheinlich würden Sie antworten: „Na, wenn ich am Nordpol nackt rumlaufe, laufe ich Gefahr zu erfrieren. Es gibt keine wärmende Umgebung.“

Würden Sie freiwillig nackt am FKK-Strand rumlaufen? JA? Warum? Wahrscheinlich würden Sie antworten: „Na, weil ich in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter bin. Die anderen sind auch nackt. Genauso geschützt bzw. ungeschützt wie ich selbst.“

Wenn Sie traurig sind, weil Ihr Vater oder Ihre Mutter gestorben ist, dann wird Ihr berufliches Umfeld sicherlich sehr wertschätzend damit umgehen, wenn Sie Ihre Traurigkeit in angebrachten Rahmen im beruflichen Umfeld zeigen. Auch, weil Sie so nahbar und menschlich bleiben.

Achtung: „Ausheulen“ ist was anderes, als betroffen und berührt zu sein.

Zeigen Sie sich mit Ihren Schwächen bzw. zeigen Sie Ihre Schwächen als Führungskraft, soweit SIE und Ihr Umfeld damit umgehen können.

Manch einer ist total überfordert, wenn Sie – komplett ohne Zusammenhang – aus dem Nichts in Tränen ausbrechen. Auch das sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie sich mit Ihrer „Schwäche“ zeigen und viel von sich preisgeben.

Die Kurzfassung:
Zeigen Sie Ihre verletzlichen Gefühle in einem „angemessenen“ Rahmen.

3.) Darf ich Schwäche zeigen = Darf ich Empfindsamkeit oder Feinfühligkeit zeigen?

Manche Menschen verhalten Sie wie eine Muschel: Ganz auf und damit ganz offen und ungeschützt oder ganz verschlossen und versperrt. Bezüglich Ihrer sensiblen Schwäche ist beides ungünstig.

Ich würde Ihnen folgendes empfehlen:

  • Öffnen Sie sich schrittweise
  • Bauen Sie langsam Vertrauen auf
  • Je mehr „Basis“ sich entwickelt hat, umso leichter wird es Ihnen fallen, Ihre Schwäche zu zeigen, ohne befürchten zu müssen, dass Sie verletzt, oder gedemütigt werden.

4.) Darf ich Schwäche zeigen = Darf ich meine „Nichtstärke“ zeigen?

Auf jeden Fall. Niemand kann alles und perfekt ist schon mal gar keiner. Die Stärken und Schwächen einer Führungskraft dürfen und sollten ihr selbst, aber auch Kollegen und Vorgesetzten bekannt sein.

Wenn ich meine Stärken kenne, dann sollte ich auch meine Nichtstärken kennen und entsprechend damit umgehen. Wenn ich zu meinen Nichtstärken stehen kann, und trotzdem in der Lage bin „Lösungen“ dafür zu finden, ist doch die Nichtstärke konstruktiv gelöst.

Ich selbst habe z.B. wenig Affinität zu Technik, egal wie sehr ich mich bemühe, es ist i.d.R. ein Fremdkörper für mich. Deshalb habe ich sehr sehr gute Dienstleister, die ich immer wieder sofort beauftrage, wenn es darum geht, die für mich passende Technik zu finden, zu installieren und mir beizubringen. So muss ich kein Technik-Fan sein, um mit Technik umgehen zu können. Ich mache so aus meiner Nichtstärke eine Tugend.

5.) Darf ich Schwäche zeigen = Darf ich Ängstlichkeit und Unsicherheit zeigen?

Hier kommt ganz spontan ein klares und deutliches JA! Doch die Begründung ist wichtig, bevor Sie an die Umsetzung gehen: Während der Corona Krise wusste KEINER, wie es genau weiter geht. Im Grunde waren alle unsicher und hatten Angst. Das ist jetzt mal meine Hypothese.

Es gibt verschiedene Formen mit dieser Angst und Unsicherheit umzugehen: Ignorieren und leugnen, aggressiv und rebellisch, verstockt oder auch mit „übertriebenem“ Aktionismus. Manche wirken auch nach außen großspurig und überheblich – aus meiner Sicht ebenfalls eine Form der Angstbewältigung. Bereits Fritz Riemann hat in seinem Klassiker: Grundformen der Angst auf die verschiedenen Angstbewältigungsstrategien hingewiesen.

Es stellen sich die Fragen:

  • Wie führe ich bei eigener Unsicherheit und auch noch Unsicherheit im Außen?
  • Wie „rette“ ich mein Unternehmen?
  • Wie halte ich die Leute bei Laune?
  • Wie führe ich so, dass die Mitarbeiter sich ernst genommen fühlen?
  • Wie halte ich meine Ängste im Zaum?
  • Ich laufe schon am Limit, und jetzt?
Warum Helden schlechte Vorgesetzte sind

Die Helden erklären laut und deutlich einfache Lösungen. Manchmal noch indem sie Andersdenkende abwerten. Im Grunde ist die Selbstüberschätzung aber ebenfalls eine unbewusste „Angstabwehr“. (Das Unbewusste ist dem Helden aber selten bewusst, er glaubt selbst an seine einfachen Lösungen, und das macht ihn bzw. seine Vorgehensweise so gefährlich.)

Und doch haben Helden eine große Fangemeinde. Klar, ich kann die vielen Menschen verstehen, die die Unsicherheit nicht aushalten (wollen), gerne die Verantwortung loswerden und sich jemandem „anhängen“, der ihnen die einfachen Lösungen verspricht. Wenn es denn funktionieren würde, wäre das prima.

Aber es ist gefährlich, einem Helden unreflektiert zu folgen. Denn leider wissen diese „Helden“ es in der Regel auch nicht besser. Und wenn es dann schief geht, werden diese „Helden“ Schuldige finden, die sie für ihr eigenes Scheitern verantwortlich machen.

Hand auf Herz? Möchten Sie selbst so einer Führungskraft Ihr Vertrauen schenken? Ich nicht.

Von vermeintlich Schwachen

Aus meiner Sicht sind die wahren Helden die „ECHTEN“, die die Fakten ganz klar benennen und daraus das Beste machen.

In meinen Executive Coachings haben wir während der Corona-Krise mehr als einmal genau diese Situation durchgesprochen. Müssen wir in Kurzarbeit? Müssen wir entlassen? Wie werden wir die Krise überstehen? Was sage ich? Wie sage ich es? Darf ich Schwäche zeigen – oder muss ich stark sein? Was ist in der aktuellen Situation „stark sein“? Unsagbar viele Fragen und es gibt keine einfachen Antworten.

Mit Motivationsparolen durch das tiefe Tal der Tränen reiten?

Stellen Sie sich vor: Sie versprechen Erfolgsparolen – alles kein Problem, das bekommen wir hin! Ganz ehrlich: Wer von uns kann das schon behaupten?
Und drehen wir den Spieß um: Wenn Sie so etwas in einer Krisensituation von jemand anderem hören. Glauben Sie das wirklich? Ich wäre eher misstrauisch gestimmt.

Oder die Strategie „Butter bei die Fische“?

Ich plädiere dafür: Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Sie wirken früher oder später unglaubwürdig und verspielen sich das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter. Und genau darauf kommt es jetzt an: Das Vertrauen der Mitarbeiter behalten und stabilisieren.

Doch wie?

Wie Schwäche zeigen in Krisenzeiten zur wahren Stärke wird

Gerade in Krisenzeiten ist es eine echte Stärke, wenn auch Führungskräfte Mensch bleiben, Schwäche zeigen und Krisen klar benennen. Meine Empfehlung:

  1. Bleiben Sie sichtbar und anfassbar.
    Tauchen Sie nicht ab, sondern seien Sie da, präsent und sichtbar – das geht übrigens auch online.
  2. Seien Sie transparent und offen.
    Wenn Sie keine Ergebnisse und Maßnahmen verkünden können oder wollen, dann seien Sie in den „Prozessen“ transparent.
    Z. B. wir sind gerade dabei eine „Notfall-Strategie“ zu entwickeln, dazu benötigen wir noch die Rückmeldung von xy, sei es der Vorstand, der Gesellschafter, der Kunde, egal.
    Machen Sie transparent, was SIE gerade tun – wo Sie gerade stehen.
    Formulieren Sie auch: Die Gespräche sind in den letzten Zügen, ich vermute, wir wissen Ende nächster Woche mehr. Dann werde ich unaufgefordert wieder auf Sie zukommen.
  3. Beziehen Sie Ihre Mannschaft mit ein.
    Fragen Sie auch Ihre Leute nach Lösungen. Z.B. in einem Workshop: Wie können wir mit weniger Geld und/oder Technik die Projekte zum Erfolg bekommen? Bringen Sie die Leute aus der Letargie ins Handeln, spielen Sie verschiedene Szenarien durch – sprich beteiligen Sie die Mitarbeiter und Führungskräfte an der Lösung.

Keine Schwäche zeigen? Wie Sie Schwäche zeigen, die eine Stärke ist

Die Kurzfassung:

  • Seien Sie offen und transparent
  • Sagen Sie nichts, was nicht wahr ist.
  • Sagen Sie nicht unbedingt alles, was Sie wissen.
  • Seien Sie zuverlässig. Wenn Sie für Freitag nächste Informationen versprechen, dann sollte unaufgefordert am Freitag irgendein Lebenszeichen von Ihnen kommen.
  • Stehen Sie dazu, dass Sie auch nicht genau wissen, was in xy Zeit ist.
  • Machen Sie deutlich, was Sie tun, um die Lage zu verbessern.
  • Vor allem, seien Sie glaubwürdig und zuversichtlich.

Achten Sie darauf, dass Sie an Ihren Taten gemessen werden. Dann wächst das Vertrauen und Ihre vermeintliche „Schwäche“, dass Sie sich als Mensch mit ihren Unsicherheiten zeigen, wird eine Ihrer größten Stärken.

Bei allem Zeigen von Schwäche:

Machen Sie sich immer bewusst, in welcher ROLLE Sie sich jetzt befinden.
Es handelt sich immer noch um einen Business-Kontext.
Und Sie sind als Führungskraft verantwortlich für mitunter mehrere 1.000 Mitarbeiter. Das heißt: Selbst bei eigener Unsicherheit gilt es immer noch gut zu führen.

Als Führungskraft Schwäche zeigen oder nicht? Eine Entscheidungshilfe

Kennen Sie das auch, dass Sie sich unsicher fühlen, und so überhaupt nicht wissen: Stehe ich jetzt zu meiner Schwäche und zeige mich damit?
Vielleicht kann aus dieser Unsicherheit sogar eine Stärke werden und Sie wirken obendrein auch noch souverän. Oder: Sie zeigen keine Schwäche. Sie lassen es besser unter den Tisch fallen, weil diese Schwäche wohl einem Makel gleichkäme.

Keine leichte Entscheidung. In diesem Dilemma können Sie folgendes tun:

Überlegen Sie für sich, in welcher der 5 Antwortkategorien besteht die Schwäche?
  1. Gefühle zeigen?!
    Es ist ein Gefühl – das Sie oft hinter Ihrer Fassade und Maske verborgen haben – um cool und stark zu wirken.
    Lassen Sie’s. Sie wirken eher unprofessionell.
    Stattdessen: Stehen Sie zu sich und Ihren Gefühlen und zeigen Sie sich professionell UND menschlich.
  2. Wie souverän ist mein Gegenüber?
    Wissen Sie noch nicht, woran Sie mit Ihrem Gegenüber sind? Dann „testen“ Sie inwiefern, Sie sich öffnen können. Sich mit seiner Schwäche zu zeigen oder zeigen zu können ist ein stufenweiser Vertrauensprozess, der sich im Erfolgsfall zu einer Freundschaft entwickeln kann.
    Wenn Sie an den „Falschen“ geraten, ist es ratsam sich eher professionell zu verhalten.
  3. Ist die Schwäche eine Nichtstärke?
    Dann stehen Sie dazu, und entwickeln Sie dafür eine Lösung. Niemand ist verpflichtet Rücksicht auf Ihre Nichtstärke oder Schwäche zu nehmen. Aber es erwartet auch niemand, dass Sie perfekt sind – außer vielleicht Sie selbst?
  4. Die Schwäche ist eher eine Unsicherheit, weil Sie sich in einer unsicheren Situation befinden?
    Gaukeln Sie bitte nicht den Helden vor – das wirkt im Zweifelfall nur peinlich. Konzentrieren Sie sich darauf, um was es wirklich geht:
    In unsicheren Zeiten benötigen Sie das Vertrauen der Mitarbeiter.
    Seien Sie transparent, zeigen Sie Präsenz, beziehen Sie die Mannschaft in die Lösungsfindung mit ein. Leben Sie vor, dass Sie jetzt alle an einem Strang ziehen werden.
    Dann wird Ihre innere Unsicherheit eher als Souveränität und Stärke wahrgenommen.
  5. Bewegen Sie sich als Führungskraft in einem Business-Umfeld?
    Seien Sie sich IMMER bewusst, dass Sie sich in einem Business-Kontext bewegen. Egal wie die Situation ist, Sie sind als Führungskraft dafür verantwortlich gut zu führen.

2 Bestärkende Fallbeispiele: Als Top-Manager Schwäche zeigen

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch zwei reale Fallbeispiele aus meinem Führungskräfte-Coaching mit auf den Weg geben. Hier bekommen Sie einen Eindruck, wie andere Top-Manager erfolgreich mit dem Thema „als Führungskraft Schwächen zeigen“ und „menschlich bleiben“ umgegangen sind.

1.) Schwäche zu zeigen ist (wahre) Stärke – So zeigte sich der Deutschland-Chef eines Konzerns

Zum Abschluss ein Positiv-Beispiel:
Ein Klient von mir ist im Top-Management einer der Top 4 Beratungsunternehmen. Die Beratungsbranche hat es am Anfang der Krise stark getroffen. Der Deutschland-Chef stellte sich vor die versammelte Mannschaft und formulierte:
Wir werden ALLES tun, um niemanden in dieser Zeit zu kündigen.
Die Beförderungen werden wie besprochen umgesetzt.
Allerdings verzichten wir alle in diesem Jahr auf Gehaltserhöhungen. ALLE.
Ich möchte, dass wir gemeinsam durch die Krise kommen.
Wöchentlich gab es Firmen-Calls, in denen der Deutschland-Chef offen kommunizierte, wo sie gerade stehen, welchen Weg sie versuchen.

Nach vielen Monaten zeigt sich folgendes Ergebnis:

  • KEIN Mitarbeiter musste krisenbedingt entlassen werden – obwohl die Mitbewerber gnadenlos entlassen hatten.
  • Alle Mitarbeiter und Führungskräfte sind diesen Weg mitgegangen.
  • Mittlerweile sind die Auftragsbücher wieder voll.
  • Der Deutschland-Chef hat – vertragsbedingt – eine fette Prämie ausgeschüttet bekommen. Er formulierte: Ich habe nicht das Gefühl, dass diese Prämie für mich in diesem Jahr passt – daher werde ich dieses Geld an unsere Stiftung spenden. Ich möchte keine Extrawurst.

Na, möchten Sie auch in diesem Unternehmen anheuern?

2.) Wie mein Klient aus dem Top-Management als Führungskraft Schwäche zeigt

Ein Klient aus dem Top Management eines internationalen DAX-Konzerns verriet mir seine Erfolgsstrategie:

Er formulierte: „Ich bin ein offener Mensch, zeige mich gerne mit meinen empfindsamen Seiten, weil ich diese Fähigkeit eher für eine Bereicherung halte.“
ABER:
„Wir bewegen uns im Top Management und da herrschen andere Spielregeln. Wenn ich mich da dem ‚Falschen‘ mit meiner dünnhäutigen Schwäche zeige, kann mich das schnell den Kopf kosten.“

Der 4-Stufen-Vertrauens-Test

Er formulierte: Ich „teste“ mein Gegenüber erst einmal…

  1. Small Talk
    Beim Start spreche ich mit einer mir eher unbekannten Person eine Weile im Small Talk – eher unverbindlich.
  2. Belanglose Schwäche
    Im weiteren Gespräch berichte ich von einer belanglosen Schwäche, aber definitiv etwas NICHT HELDENHAFTES oder Makelloses.
    Meistens wähle ich den Weg, dass ich nicht von mir berichte, sondern von jemandem in meinem Umfeld, z.B. dass meine Tochter in der Schule eine 5 geschrieben hat.
  3. Reaktion des Gegenübers beobachten
    Im nächsten Schritt achte ich auf die Reaktion meines Gegenübers:
    a) Er reagiert eher überheblich, z.B. in dem er mich verächtlich von oben nach unten anschaut und dann einen Satz fallen lässt, wie: „Nein, meine Kinder sind in der Schule nur Einsen Schreiber.
    b) Er reagiert im Sinne von Empathie und „schwingt“ sich ein. Z.B. „Oh, das ist ein Schock, oder? Als mein Sohn mal mit einer Fünf nach Hause kam, da musste ich auch erst mal schlucken.
  4. Testverlängerung
    Je nachdem, wie die Reaktion war, teste ich noch 1 bis 2 mal. Bestätigt sich, dass ich „Schwäche“ ohne Sanktion zeigen kann, dann wächst die Offenheit, das Vertrauen und manchmal ist sogar schon Freundschaft draus geworden.
    Wenn nicht, bleibe ich halt auf der professionellen Ebene.

Wichtig ist bei dieser Strategie, im ersten Schritt eine nicht allzu intime Schwäche zu nutzen. Eine Schwäche, deren Schmach Sie bereits verarbeitet haben und wegen derer Sie nicht mehr peinlich berührt sind, wenn Ihr Gegenüber damit wenig wertschätzend umgeht. Selbst wenn der Test in die Hose geht, können Sie die Situation handhaben.

Übrigens: In der Natur nutzen die Kolkraben eine ähnliche Strategie, um herauszufinden, mit welchem Partner sie kooperieren können oder doch besser konkurrieren sollten.

Sie hören lieber?

Hier geht es zur passenden Folge in meinem Podcast „Leben an der Spitze“:

Keine Schwäche zeigen: Dürfen Führungskräfte Schwäche zeigen? | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #42

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie sind sich nicht sicher, ob Sie als Top-Führungskraft Schwäche zeigen sollten oder besser nicht? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de – und wir analysieren gemeinsam Ihre individuelle Situation!

Bildquelle: fizkes / stock.adobe.com

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager