Der Leistungsträger - Blog

Vielleicht sind auch Sie schon mit Aufgaben betraut worden, die schwer oder gar nicht bewältigbar sind. Im Führungskräfte Coaching werde ich von Klienten oft gefragt, wie sie als Führungskraft mit nicht erfüllbaren Aufgaben umgehen sollen. Viele haben Angst, als Verlierer dazustehen, wenn sie mit ihrem Chef ein offenes Wort reden oder sie befürchten, nicht gut genug zu sein – tatsächlich ist das Ziehen klarer Grenzen aber unabdingbar. Wie so oft, kommt es auf die richtige Strategie an.

Grundsätzlich lassen sich zwei Konstellationen unterscheiden.

  1. Die Überlastung bahnt sich schleichend an, immer neue Aufgaben bringen irgendwann das Fass zum Überlaufen.
  2. Der Vorgesetzte präsentiert Ihnen eine unerfüllbare Aufgabe, bei der Ihnen sofort klar ist: Das ist nicht machbar.

Schleichende Überlastung: erkennen, ändern, vorbeugen

Oft bahnen sich Überlastungen schleichend an, was ein frühzeitiges Gegensteuern erschwert. Die gute Nachricht: Mit ein wenig Übung ist es möglich, Überlastungssituationen rechtzeitig zu erkennen sowie ihnen wirksam gegenzusteuern und vorzubeugen. Dabei gehen Sie in drei Schritten vor.

1.) Erkennen Sie die Weggabelung

Im Alltag einer Führungskraft ist es der Normalfall: Das Arbeitspensum wächst so lange, bis irgendwann die Belastungsgrenze erreicht ist. Ich nenne diesen Punkt die Weggabelung, die es zu erkennen gilt. Bei den meisten Menschen weisen körperliche Reaktionen auf diesen Zeitpunkt hin. Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit, Kopfweh, Herzrasen – die Symptome sind vielfältig. Gängiger Reflex ist es, diese Symptome zu verdrängen, dann beginnt der Teufelskreis aus Überlastung. Man kann und sollte trainieren, diese Weggabelung wahrzunehmen, denn zu diesem Zeitpunkt gibt es noch wirkungsvolle Handlungsalternativen.

2.) Schlagen Sie den anderen Weg ein

Die meisten Menschen vermeiden es „Nein“ zu sagen oder eine Grenze zu ziehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die meisten Vorgesetzten ein rechtzeitiges, konstruktiv geführtes Gespräch zu schätzen wissen. Immerhin bietet es die Möglichkeit, frühzeitig eine Lösung zu finden. Um das Arbeitspensum im Gespräch mit dem Vorgesetzten erfolgreich auf das Machbare zu reduzieren, sind folgende Aspekte entscheidend:

  • Die Perspektive des Vorgesetzten.
    Überlegen Sie zunächst, in welcher Situation sich Ihr Vorgesetzter befindet. Vermutlich steht auch er unter großem Druck, muss Ergebnisse vorweisen – und reicht verständlicherweise die Aufgaben an die Mitarbeiter weiter, auf die er sich verlassen kann. Wenn sich etwas ändern soll, müssen also Sie aktiv werden.
  • Der konstruktive Dialog.
    Suchen Sie das Gespräch mit dem Vorgesetzten und sorgen Sie für Klarheit. Machen Sie deutlich, dass das derzeitige Aufgabenpensum in der geplanten Form nicht realisierbar ist – und machen Sie dann einen Vorschlag. Suchen Sie einen Dialog auf Augenhöhe, denn schließlich sind Sie ja der Profi für die Ihnen übertragenen Aufgaben. Lassen Sie spüren, dass Sie sich für diese Aufgaben auch verantwortlich fühlen, nur die Umsetzung so nicht möglich ist.
  • Die richtigen Prioritäten.
    Was ist für das Unternehmen und für Ihren Vorgesetzten das höchste Ziel? Um was geht es wirklich? Klären Sie gemeinsam mit Ihrem Vorgesetzten die Prioritäten. Welche Aufgabe hat Vorrang? Überlegen Sie auch, ob Sie eine Aufgabe komplett bearbeiten müssen oder ob es genügt, kleinere, aber entscheidende Teile davon zu übernehmen. Entwickeln Sie mit Ihrem Gegenüber also eine Lösungsstrategie.
  • Effektive Zusammenarbeit.
    Meistens finden sich bei dem Gespräch auch Möglichkeiten, deutlich effektiver zusammenzuarbeiten. Missverständnisse, die in der Vergangenheit enorm viel Zeit gekostet haben, lassen sich von vornherein vermeiden.

3.) Trainieren Sie Ihre Strategie und brechen Sie Handlungsautomatismen

Wenn das Gespräch erfolgreich war, sollten Sie noch einmal die zurückliegenden Ereignisse reflektieren. Die Überforderung kommt nämlich wieder. Garantiert. Es kommt darauf an, den Punkt zu erkennen, an dem sie beginnt – um dann erneut das Gespräch mit dem Chef zu suchen.

Da sich die Situation ständig wiederholt, kann man die geschilderte Gegenstrategie bewusst trainieren. Sie bauen so eine Alternative zum Handlungsautomatismus auf.

Aufgabe nicht realisierbar? So müssen Sie kommunizieren

Für Fälle, in denen die Überforderung schleichend kommt, haben Sie nun die richtige Strategie parat. Was aber tun, wenn Ihr Vorgesetzter ein Ziel formuliert, bei dem Sie von Anfang an wissen: „Diese Aufgabe ist nicht realisierbar. Das ist nicht machbar! “?

Angenommen Ihr Chef sagt: „Ich möchte, dass dieser Kugelschreiber von selbst nach oben fliegt.“ Ihre Aufgabe als Experte ist es, ihm zu erklären, dass dieses Ziel aufgrund der Naturgesetze nicht erreichbar ist. Sie könnten aber zum Beispiel anbieten, ein Gerät zu konstruieren, das den Kugelschreiber nach oben schiebt. Beharrt Ihr Vorgesetzter auf seiner Vorgabe, müssen Sie den Auftrag abgeben, denn es handelt sich definitiv um ein nicht erreichbares Ziel, für das Sie keine Verantwortung übernehmen sollten! Denn scheitert das Projekt – und es muss ja scheitern –, wird man niemand anders als Ihnen die Schuld anlasten!

Nicht erfüllbare Aufgaben sind nicht immer sofort erkennbar

Leider sind in der Realität die Fälle selten so klar gelagert. Einem Klienten im Executive Coaching etwa waren interimsmäßig drei Führungspositionen angetragen worden. Er hatte die Aufgaben übernommen, weil er den Notfall einsah, hatte aber auch hinzugefügt: „Ich mache das nur für ein halbes Jahr!“ Neun Monate später hatte sich an der Situation nichts geändert. Der Manager war völlig überfordert. Vergeblich hoffte und wartete er auf ein Einlenken der Unternehmensleitung.

Der „Stopp-Dreiklang“ – klar, konsequent, konstruktiv

Tatsächlich war die selbst überfordert und froh über jede Aufgabe, die sie abgeben konnte. Es war also an meinem Klienten, aktiv zu werden und „Stopp“ zu sagen – klar, konsequent und konstruktiv. Genau in diesem Dreiklang liegt die Lösung:

  • Kommunizieren Sie dem Vorgesetzten klar, wenn eine Aufgabe oder ein Ziel nicht realisierbar ist.
  • Sagen Sie konsequent „Stopp“, wenn etwas nicht geht. Wer die Aufgabe im Zweifel dann doch übernimmt, lässt sich auf das Spiel ein – und darf nicht erwarten, dass der Vorgesetzte abbricht.
  • Bleiben Sie trotzdem konstruktiv und machen Sie einen konkreten Vorschlag, wie es weitergehen kann.

Genau nach diesem Schema ging mein Klient im Beispiel vor. Er formulierte einen klaren Zeitplan, innerhalb dessen die Unternehmensspitze einen Ersatz für zwei der vakanten Führungspositionen finden müsse – danach stehe er definitiv nur noch für eine der Stellen zur Verfügung. Und siehe da: die Unternehmensspitze reagierte!

Wenn der Chef stur bleibt

Manchmal beharrt der Chef trotz klarem, konsequentem und konstruktivem Vorgehen auf dem unrealistischen Ziel – beispielsweise, weil ihm selbst die Entscheidungsfindung schwerfällt. Sie als Experte sollten dann die Verantwortung für das Ergebnis ausdrücklich ablehnen. Zu Ihrem eigenen Schutz kann es sinnvoll sein, die Ablehnung auch schriftlich zu formulieren (offizielles Schreiben oder E-Mail).

Fazit: Mischen Sie sich nicht ein, bleibt Ihnen nur die innere Kündigung

Sollten Sie mit unerfüllbaren Vorgaben konfrontiert werden – sei es, weil Sie an Ihre Leistungsgrenzen kommen oder das Ziel an sich unrealistisch ist – bleiben Ihnen nur zwei Möglichkeiten:

  1. Sie mischen sich im Sinne des großen Ganzen ein.
  2. Sie kündigen innerlich und verfallen in Gleichgültigkeit.

Meine Kommunikationstipps und Handlungsempfehlungen richten sich an alle, denen Option 1 wesentlich sympathischer erscheint. Im folgenden Video habe ich nochmals die wichtigsten Punkte zusammenfassen, die es im Umgang mit nicht erfüllbaren Vorgaben zu beachten gilt!

 

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Drohen auch Sie in Aufgaben zu versinken oder bereitet Ihnen eine unlösbare Aufgabe Kopfzerbrechen? Kontaktieren Sie mich! Wir finden gemeinsam eine Lösung.

Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager