Der Leistungsträger - Blog

Einmal Chef, immer Chef? Ein Karriereweg, der von der Führungsspitze wieder in eine Expertenposition führt, ist in den wenigsten Unternehmen vorgesehen. Entsprechend schwierig ist ein Downshifting für viele Führungskräfte. Und trotzdem kann es in einigen Fällen genau die richtige Entscheidung sein. In diesem Beitrag lesen Sie,

Führungsposition wieder abgeben? Klären Sie zunächst Ihr Why!

„Ich will nicht mehr führen!“– in meinen Executive Coachings treffen manche Klienten diese Aussage zunächst voller Überzeugung. Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme, der Reflexion, woher ihre Führungsmüdigkeit rührt, kommen einige zu der Erkenntnis, dass sie weniger ihre Leaderrolle, sondern vielmehr die Bedingungen, unter denen sie diese ausführen, satt haben. Eine gute Voraussetzung für ein Downshifting ist dies nicht – vor allem für eine neue Position im eigenen Unternehmen. Die Konflikte, die zur Aufgabe der Führungsposition geführt haben, schwelen weiter – und führen fast zwangsweise zu Konfrontationen. Insbesondere mit dem eigenen Nachfolger.

Umso wichtiger ist es, zunächst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass Führung wieder Spaß macht. Wer von Impulshandlungen absieht und – gerne gemeinsam mit einem Coach, Sparringspartner oder Vertrautem – einen Schritt zurücktritt, merkt meist, dass die Spielräume und Optionen hierfür deutlich größer als vermutet sind.

Checkliste: Bereit fürs Downshifting?

Es gibt aber auch jene, die wirklich nicht mehr Chef sein wollen. Sei es, weil sie die operative Arbeit als Experte vermissen, ihre Führungsverantwortung zunehmend als Belastung empfinden oder sich schlicht mehr Zeit für Familie und Privatleben wünschen.

Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, zu klären, ob ein Downshifting wirklich die richtige Wahl ist. Je häufiger und überzeugter Sie mit „Ja“ antworten können, desto tragfähiger ist Ihre Entscheidung.

  • Sind Sie bereit, Ihre Privilegien als Chef abzulegen (z.B. hohes Gehalt/Boni; Dienstwagen etc.)?
  • Können Sie mit dem Statusverlust umgehen, den ein Rücktritt vom Chefposten hat – sowohl im Unternehmen als auch privat?
  • Sind Sie in der Lage, mit Ihrem Nachfolger zusammenzuarbeiten – und dessen (ggf. unliebsame) Entscheidungen zu akzeptieren?
  • Hängt Ihre Unzufriedenheit als Top-Führungskraft mit der Position selbst zusammen? Und nicht mit den aktuellen Rahmenbedingungen?
  • Sind Sie sicher, dass die Abgabe der Führungsposition für Sie (innerlich) ein Gewinn ist?
  • Haben Sie Unterstützer? Sind Vorgesetzte und Mitarbeiter offen für Ihren Wunsch und wollen Sie auch als Fachkraft behalten?
  • Haben Sie eine Strategie, um Reputationsschäden in Folge des Downshiftings zu vermeiden?

Führung als Karriere-Gipfel: Downshifting mit Hindernissen

Wer nach einer Führungs- wieder in eine Fachposition wechseln möchte, hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Ein Rücktritt ist in den allermeisten Unternehmen nicht vorgesehen. Der Grund: Jahrzehntelang wurden Führungs- gegenüber Expertenkarrieren einseitig glorifiziert. Führung galt als Gipfel der Karriere und als einzige Möglichkeit Status und Anerkennung zu erreichen – Downshifting wird daher oft als Scheitern wahrgenommen und führt vor diesem Hintergrund zu Gesichtsverlust. Und das nicht nur innerhalb eines Unternehmens, sondern mitunter auch im Privatleben. Oft ist es dem eigenen Partner, den Schwiegereltern oder Freunden schwer zu vermitteln, warum die Chef-Position freiwillig aufgegeben wird.

Hinzu kommt: Wer vom Chef zum Mitarbeiter werden möchte, wird von Arbeitgebern meist mit Argusaugen betrachtet. Denn wenn freiwillig auf die Privilegien einer Spitzenposition verzichtet wird, kann doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen, oder? Und selbst, wenn die Gründe für das Downshifting glaubhaft gemacht werden können, steht immer noch die Befürchtung einer Unterforderung in der „einfachen“ Expertenrolle im Raum.

Vorbereitung auf den Rollenwechsel

Die gute Nachricht: Der Rollenwechsel von oben nach unten ist schwierig, aber mit der richtigen Vorbereitung machbar. Ein sehr spannendes Thema, das die Zeitschrift Manager Seminare in einem Artikel aufgreift, in dem auch meine Expertise gefragt war. Hier können Sie den Artikel nachlesen.

Am Ende des verlinkten Artikels lernen Sie Unternehmen kennen, bei denen Führung mit integriertem Ablaufdatum zum Prinzip erhoben wurde und Leadership nicht mehr personen-, sondern projektbezogen realisiert wird. Den permanenten Rollenwechsel mussten die Mitarbeiter in Einzel- und Gruppencoachings üben – letztendlich profitieren aber alle Beteiligten davon.

Führungsposition wieder abgeben: 3 Tipps für erfolgreiches Downshifting

Besser ein zufriedener Mitarbeiter als ein unzufriedener Chef: Haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Führungsposition wieder abzugeben, gilt es Vorkehrungen zu treffen. Die folgenden drei Tipps helfen Ihnen dabei, den Prozess des Downshiftings erfolgreich zu meistern:

  1. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Rolle als Chef ablegen können. Oft ist es gar nicht so einfach, Entscheidungsbefugnisse abzugeben. Zumal Sie auch unliebsame Entscheidungen des neuen Chefs mittragen müssen. Insbesondere, wenn Sie im selben Team bleiben und nach wie vor angesehener Ansprechpartner für die Anliegen von Mitarbeitern sind, geraten Sie schnell in die Rolle eines „Schatten-Chefs“ – was letztlich zu Konflikten mit dem eigenen Nachfolger führen kann.
  2. Suchen Sie rechtzeitig Unterstützer. Denn diese brauchen Sie für einen möglichst reibungslosen Übergang – sowohl unter Ihren Vorgesetzten als auch unter den Mitarbeitern. Mit Verbündeten, die in Ihrem Sinne als Multiplikator tätig werden können, stellen Sie sicher, dass Ihre Entscheidung nicht als unrühmlicher Rückschritt, sondern als bewusster Rücktritt mit all seinen Chancen wahrgenommen wird.
  3. Kommunizieren Sie offen und eindeutig. Und zwar mit allen beteiligten Akteuren. Nur wenn Ihre Motive transparent und eindeutig sind – und diese von Ihnen ebenso wie von Ihren Vorgesetzten so kommuniziert werden – beugen Sie der Gerüchteküche effektiv vor.

Sie hören lieber?

Hier geht es zu den passenden Folgen in meinem Podcast „Leben an der Spitze“:

Ich will kein Geschäftsführer mehr sein | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #119

„Ich bin kein Chef mehr!“ Downshifting – Rücktritt ohne Rückschritt (1/2) | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #152

„Ich bin kein Chef mehr!“ Downshifting – Rücktritt ohne Rückschritt (2/2) | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #153

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie ziehen ein Downshifting ernsthaft in Betracht? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de! Gemeinsam analysieren wir Ihre Motive, sorgen für Klarheit und planen die nächsten Handlungsschritte.

Bild: contratswerkstatt / istockphoto.com

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager