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Der Klient im Führungskräfte-Coaching – Anfang 50, erfolgreicher Geschäftsführer eines Mittelständlers – erlebt eine tiefe Sinnkrise. Seine Arbeit erfüllt ihn nicht mehr. Er stellt sich Fragen wie „Muss ich nun so weitermachen bis zum Ende? Ist es zu spät für einen Neuanfang?“ Solche Fragen sind typisch für viele Klienten zwischen 45 und 55 Jahren. Viele liebäugeln daher mit einer beruflichen Neuorientierung. Als Führungskraft allerdings sind hierbei so einige Fallstricke zu umschiffen. In diesem Beitrag lesen Sie,

Alles nur Luxusprobleme?

Noch vor einigen Jahren hätten die meisten wohl von einem Neustart abgeraten: „Bis zur Rente musst Du das jetzt durchziehen. Aber eigentlich sind das ja Luxusprobleme. Du hast doch einen tollen Job.“ Luxusproblem, wenn jemand die Perspektive hat, noch 20 Jahre einer Aufgabe nachzugehen, die ihn null erfüllt, zu der er sich sogar quälen muss? Ganz sicher nicht!

Berufliche Neuorientierung einer Führungskraft: 2 Wege, 5 Fallstricke

Führungskräfte, die unglücklich Im Job sind, haben allen Grund, sich beruflich neu zu orientieren. Prinzipiell stehen Top-Managern dabei zwei Wege zur Wahl: der komplette Ausstieg oder der interne Aufstieg hin zu einer (hoffentlich) geeigneteren Position. Das Tückische: Beide Varianten bieten gleich mehrere Fallen, in die Führungskräfte immer wieder tappen.

1.) Der Ausstieg

Wenn der Druck im Job zu groß wird, ist der erste Impuls meist die schnelle Kündigung. Immerhin verspricht ein sauberer Schnitt schnelle Entlastung und neue Chancen. Das Problem: Ein Großteil der Top-Manager geht den Ausstieg Hals über Kopf an – und landet damit schnell in Teufelsküche.

Gleich drei Fallen werden Führungskräften dabei immer wieder zum Verhängnis:

  1. Planloses handeln:
    Viele Führungskräfte versäumen es, die richtigen Fragen zu stellen. Anstatt sich zu fragen, woher die innere Unzufriedenheit kommt, wo die eigenen Stärken liegen und wie das perfekte Umfeld eigentlich aussehen müsste, verfallen sie in blinden Aktionismus.
  2. Enger Denkhorizont:
    Meist agieren unzufriedene Menschen wenig weitblickend. Ein Ausstieg bringt zwar eine schnelle emotionale Entlastung, schon bald allerdings tun sich neue Probleme – auch finanzieller Art – auf. Und es folgt ein böses Erwachen.
  3. Falsche Einschätzung:
    Besonders fatal: Oft wird gnadenlos unterschätzt, wie zeit- und kraftraubend ein Neuanfang sein kann. Insbesondere der Aufbau eines Netzwerks und eines gewissen Rufs ist mit großem Aufwand verbunden. Allzu häufig sind die Energiereserven nach kurzer Zeit dann noch leerer als im alten Job.

Dass Top-Führungskräfte und Könner in eine (oder mehrere) dieser Fallen treten, ist kein Einzelfall. Der Manager eines großen Fernsehsenders etwa machte sich zunächst für mehrere Jahre selbstständig, konnte und wollte die Verantwortung für seine Mitarbeiter aber irgendwann nicht mehr tragen. Also hängte er seinen Job zunächst ganz an den Nagel, um Kraft zu schöpfen. Nach einem Jahr allerdings holte ihn die finanzielle Realität wieder ein. Um seinen Lebensstandard zu halten, musste er wohl oder übel wieder anfangen zu arbeiten – und landete letztlich genau dort, wo er nicht hinwollte. Als Interims-Geschäftsführer wechselt er immer wieder das Unternehmen – und steht unter mindestens ebenso großem Druck wie in seiner alten Festanstellung.

2.) Der Aufstieg

Um aus dem Hamsterrad auszubrechen, ist nicht zwangsweise ein Ausstieg erforderlich. Viele Spitzen-Führungskräfte suchen ihr Glück im internen Aufstieg. Ganz nach dem Motto: Irgendwann werde ich schon die Position erreichen, in der ich mich glücklich fühle. Und hier zeigt sich auch schon die erste Falle. Allzu oft nämlich gerät man bei dieser Denke in eine „Wenn-Dann-Spirale“. „Wenn ich erstmal diesen oder jenen Karrieresprung geschafft habe, dann wird es mir besser gehen.“ Diese leise Hoffnung auf Besserung kann einen über Jahre hinweg tragen – ohne, dass sich an der eigenen Situation etwas bessert.

Hinzu kommt: Der Wunsch nach dem internen Aufstieg verleitet dazu, sich leichtfertig an äußere Gegebenheiten anzupassen – sei es an den Mitbewerber, den Markt oder an die herrschende Führungskultur. Am Ende mag der Aufstieg zwar gelingen. Oft hat man sich auf dem Weg dahin aber so verbiegen müssen, dass auch die neue Position keine Zufriedenheit bringt.

Coaching für die berufliche Neuorientierung: Inventur machen

Egal, ob Ausstieg oder Aufstieg: Keine Variante führt ohne Plan wirklich zu mehr Zufriedenheit. Vor emotionalen Kurzschlusshandlungen – etwa einer schnellen Kündigung – rate ich in einer solchen Situation daher zunächst ab. Stattdessen sollten Klienten, die ihre 3. Lebensphase erfolgreich und zufrieden gestalten wollen, zunächst eine ehrliche Inventur machen. Im Coaching klären wir gemeinsam Fragen wie:

  • Woran liegt die Unzufriedenheit genau? Ist es z.B. die Aufgabe oder sind es die Rahmenbedingungen?
  • Wo liegen die eigenen Stärken – und welche Position passt wirklich zu mir?
  • Wie kann ich beruflichen Erfolg und persönliche Erfüllung verbinden?
  • Wie kann ich meine Berufung finden?

Erst auf Basis solcher Überlegungen lässt sich eine Neujustierung oder auch ein kompletter Neustart planvoll gestalten. Eine erfolgreiche berufliche Neuorientierung mit 40 ist damit genauso möglich wie mit 50 oder Mitte 50. Häufig stellt sich im Laufe des Coachings aber heraus: Auch die jetzige Stelle lässt sich so ausrichten, dass der Job endlich wieder Freude bereitet!

Sie hören lieber?

Hier geht es zur passenden Folge in meinem Podcast „Leben an der Spitze“:
Neustart Lebensmitte: Mutig oder zu riskant? | ERFOLGREICH UND GLÜCKLICH #148

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie sind unzufrieden im Job und erwägen eine berufliche Neuorientierung? Kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de – und wir finden gemeinsam raus, unter welchen Bedingungen Sie wirklich glücklich werden können.

Foto von Snapwire / pexels

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager