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Führungskraft und Familienmensch: Für Geschäftsführer, C-Level-Manager, Vorstände, kurz Top-Führungskräfte ist es eine tägliche Zerreißprobe: Wie können Sie die Anforderungen an Sie als Führungskraft UND als Familienmensch unter einen Hut bringen? Im Folgenden möchte ich Ihnen einige ganz praktische Tipps für eine bessere Work-Life-Balance aus meiner Coaching-Praxis mit auf den Weg geben.

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Work-Life-Balance: Die Rollen einer Führungskraft sind vielseitig

Seien wir ehrlich. Die meisten von uns kennen diese Herausforderung als eine, die wir täglich aufs Neue meistern müssen: Der Job verlangt von uns, dass wir eine klare Führungsrolle einnehmen, Entscheidungen treffen und ein Projekt über personelle Befindlichkeiten hinweg voranbringen. Nach Feierabend sind wir als Teamplayer gefragt, als jemand, der auch schon mal geführt wird – von Frau, Mann oder den Kindern. Immerhin haben diese den ganzen Tag auf ihren Vater oder Ehepartner gewartet. Immer wieder ist genau das ein Thema beim Führungskräfte Coaching.

Der Weg aus dem Büro nach Hause reicht aber häufig nicht aus, um den Rollentausch vom Leader im Job hin zum Familienmensch im Privatleben zu schaffen. Nicht, weil wir nicht alle gewillt sind, diesen Rollentausch zu vollziehen. Wohl aber, weil es uns viel zu oft nicht gelingt, abzuschalten, den Fokus zu ändern oder unsere beiden Rollen klar voneinander abzugrenzen. Aus gutem Grund empfinden viele Top-Manager ihre Work Life Balance als miserabel. Lassen Sie es mich daher in aller Klarheit formulieren: Wer Führungskraft sein will, muss sich auch wie eine Führungskraft verhalten. Aber bitte nur im Job.

Zwei Welten, zwei Rollen – wie geht das?

Wie kann er gelingen, unser täglicher Rollentausch? Wie können wir von morgens bis in den späten Nachmittag unsere Mitarbeiter führen, um dann den Rest des Tages Familienmensch zu sein? Wie gelingt der Wechsel vom lösungsorientierten Businessalltag ins positiv wie negativ von Emotionen dominierten Privatleben? Vielleicht kann man ja die Vereinbarkeit von Familie und Beruf überhaupt nicht bewerkstelligen. Vielleicht ist es eine nicht erfüllbare Aufgabe?

Wenn man so will, ist es der tägliche Schritt von der einen in die andere Welt, der nicht gelingen will. Gerade nach der Urlaubszeit. in der viele hoffentlich ein paar Stunden mehr mit Freunden und Familie verbringen konnten. In der der Job nicht 24 Stunden am Tag die Nummer eins war. Alles vergessen, wenn der Fokus jetzt wieder klar auf dem „normalen” Business-Alltag liegt? Ich hoffe nicht.

Work-Life-Balance als Manager verbessern? Beispiele aus der Coaching-Praxis

Aus meiner täglichen Praxis beim Führungskräfte Coaching in Konzernen, international tätigen Unternehmen und mittelständischen Betrieben kenne ich viele Rollen. Zwei typische und ein immer noch eher untypisches Beispiel möchte ich kurz skizzieren. Gerne können Sie sich beim Lesen schon einmal Gedanken dazu machen, wie die jeweiligen Top-Manager ihre Work-Life-Balance verbessern könnten.

Fall 1: Er Chef, sie Familie

Herr A. ist Geschäftsführer eines mittelständischen IT-Unternehmens. In seiner Rolle als Entscheider ist er weltweit unterwegs und oftmals nur am Wochenende zu Hause. Seine Frau hat ihren Job als Personalberaterin zunächst einmal hinten angestellt. Seit nunmehr fünf Jahren ist sie zu Hause und kümmert sich um die beiden Kinder. Herr A. ist sich im Führungskräfte-Coaching seiner Doppelrolle und den damit einhergehenden Herausforderungen des Rollenwechsels zwischen Leader und Familienmensch sehr wohl bewusst.

Seine Frau habe sich zuletzt immer häufiger beschwert, dass er gefälligst den Befehlston ablegen solle. Sie sei schließlich nicht seine Angestellte. Zu Hause ist er nicht der Chef, sondern Ehemann und Vater. Seine Erkenntnis: „Gut, dass sie das so offen sagt, sonst würde ich das am Ende gar nicht immer realisieren.

Fall 2: Sie Chef, er Chef, beide Familie

Frau Dr. L. ist Geschäftsführerin in einem großen Krankenhaus. Ihr Mann ist etwa zehn Jahre älter als sie. Gemeinsam haben sie fünf Kinder großgezogen. Die beiden haben ihre Karrieren aufeinander abgestimmt. Als die Kinder klein waren, hat er seinen Job gelebt, heute unterstützt er seine Frau bei ihrer Karriere.

Beide haben in unterschiedlichen Phasen des Lebens beide Rollen gespielt. Das führt dazu, dass beide echtes Verständnis für die Belastungen und Schwierigkeiten haben, die mit dem Rollentausch zusammenhängen. Sie tauschen sich oft darüber aus, unterstützen sich gegenseitig. Durch die eindeutige Karriere-Teilung hat immer auch ein Elternteil die Rolle „Erziehung” in der Familie gespielt. Einzig wünscht sie sich etwas mehr emotionale Unterstützung in Phasen eigener Schwäche.

Fall 3: Sie Chef, er Familie

Noch ein Beispiel aus meinem Führungskräfte Coaching: Frau T. ist Geschäftsführerin in einer international tätigen Agentur. Vor acht Monaten ist sie Mutter einer Tochter geworden. Ihr Mann hat die Rolle des Hausmanns übernommen. Frau T. ist gerne Führungskraft und wenn sie nach Hause kommt auch ebenso gerne Mutter. Ihr Business hat sie im Griff. Im Privatleben kommt es öfter zu Streit. Weil ihr Mann sie als seine Frau vermisst und er seine Rolle als Hausmann nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfüllt. Manchmal glaubt sie, dass sie ihn besser genauso führen sollte, wie ihre Mitarbeiter.

Führungsrolle mit nach Hause nehmen? Bitte nicht!

Die Praxisbeispiele machen deutlich: Viele Spitzenführungskräfte haben den Impuls, zu Hause ebenso führen zu wollen, wie im Unternehmen. Was die Work-Life-Balance und den Haussegen angeht, ist das sicherlich nicht die beste aller Lösungen. Vielmehr geht es doch darum, seine Rollen anzunehmen, sich in beiden zu finden und sie gerne zu spielen. Meine Erfahrung aus dem Führungskräfte-Coaching zeigt, dass eine wichtige Grundlage das Bewusstsein für die mit der jeweiligen Rolle verbundenen Erwartungen ist.

Work-Life-Balance: 5 Tipps für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Erwartungen des Jobs an uns als Leader sind in den meisten Fällen klar. Aber wissen wir auch, welche Erwartungen unser privates Umfeld an uns hat? Kennen wir die Spielregeln und wissen wir sie so zu spielen, dass wir unseren eigenen Anspruch an den täglichen Rollenwechsel erfüllen können? Die folgenden Tipps bzw. konkreten Work-Life-Balance-Maßnahmen zeigen Wege auf, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt – auch oder gerade als Führungskraft.

Tipp 1: Reden Sie mit Ihrem Partner

Definieren Sie Ihre gegenseitigen Erwartungen. Sprechen Sie offen und ehrlich mit Ihrem Partner und den Kindern. Fragen Sie, wie es ihnen geht und was Sie verbessern können. Verlassen sie Ihre Komfortzone und noch wichtiger, Ihre Rolle als Leader. Nur so erfahren Sie, was man von Ihnen als Mitglied der Familie erwartet. Im Job wissen Sie es ja schließlich auch und können damit arbeiten. Das funktioniert auch in der Familie.

Tipp 2: Finden Sie gemeinsam Rituale und Lösungen

Schaffen Sie ein Miteinander und besprechen Sie bei Schwierigkeiten gemeinsame Lösungsmöglichkeiten. Reden Sie darüber, wie beide Seiten in Zukunft mit der Situation umgehen wollen. Legen Sie gegebenenfalls ein paar Handlungsweisen fest, wie Sie wiederkehrende Konflikte künftig besser lösen können.

Wichtig: Unterziehen Sie diese auch einer regelmäßigen Prüfung. Dabei können Sie übrigens jederzeit Ihre Erfahrung als Führungskraft nutzen. Denken Sie sich, es wären viele kleine Projekte, deren Status quo stetig überprüft werden muss, um am Ende erfolgreich zu sein. Im Rahmen meiner Führungskräfte-Coachings haben wir es ausprobiert. Es funktioniert – ebenso übrigens, wie die weiteren Tipps!

Tipp 3: Nehmen Sie sich Zeit für sich

Nehmen Sie Tempo raus! Schaffen Sie Grenzen, indem Sie sich zum Beispiel auf der Fahrt nach Hause bewusst machen, dass Sie jetzt die Rolle des Leaders verlassen. Es hilft auch, wenn Sie für sich und Ihre Familie oder Ihren Partner Begrüßungsrituale entwickeln: Die gemeinsame Tasse Kaffee, die Sie in der neuen Rolle willkommen heißt und bei der Sie zusammen den Tag Revue passieren lassen – wohlgemerkt den Tag zu Hause, nicht den im Büro.

Oder machen Sie es wie ein Klient von mir, der freitags immer etwas früher Feierabend macht und als Übergang in seine Familienrolle eine Stunde mit seinem Freund Tennis spielt. Jeden Freitag als festes Ritual, um runterzukommen und bereit zu sein für seine andere Rolle. Ich nenne das „Ich-Zeit”. Die ist ganz wichtig, um den bewussten Rollenwechsel zu vollziehen.

Tipp 4: Ändern Sie den Fokus

Setzen Sie sich nicht unnötig durch Versprechungen unter Druck, die Sie vielleicht nicht halten können. Was bringt es zum Beispiel Ihnen und Ihrer Familie, wenn Sie sich vornehmen, um 19 Uhr zu Hause zu sein und Sie dann das schlechte Gewissen plagt? Zum einen, weil Sie das Gefühl nicht loswerden, im Job nicht genügend abgeschlossen zu haben. Zum anderen, weil Sie zu wenig Zeit für die Familie haben. Sprechen Sie das Thema offen und ehrlich an. Ändern Sie gemeinsam mit Ihrem Partner den Fokus. Ist das Glas wirklich halb leer, wenn es nicht gelingt, „pünktlich” Feierabend zu machen? Oder ist es vielmehr umso voller, wenn es sogar mal halb sieben wird?

Tipp 5: Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Rolle

Entwickeln Sie eine klare Haltung zu Ihren beiden Rollen. Fragen Sie sich, was Sie ganz persönlich in der jeweiligen Rolle wollen. Machen Sie sich bewusst, dass es immer eine Wahl gibt. Nichts muss immer und sofort – auch nicht im Job. Sie werden sehen, Ihre Kunden werden Verständnis dafür haben. Stehen Sie zu sich und Ihrer Entscheidung pro Rollenwechsel und kommunizieren Sie diese ganz offensiv. Das ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen, um auch als Top-Manager die Work-Life-Balance ganz erheblich zu verbessern.

Fazit: Familie und Beruf können zusammengebracht werden

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kein leichtes Unterfangen. Aber es ist möglich. Sie haben 3 Beispiele mit ganz unterschiedlichen Rollenverteilungen kennengelernt und 5 Tipps erhalten, wie Sie Ihre Work-Life-Balance verbessern und die beiden Pole Familie und Beruf vereinen können. Tipp: In meinen Podcast-Folgen können Sie noch tiefer in das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Führungskräften einsteigen.

Sie hören lieber?

Hier geht es zu den passenden Podcast-Folgen:

„Spitzenmanager und Rabenvater?! Wie kann ich Familie und Beruf vereinen?” | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #20

2/3 “Wie gelingt mir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Praxis?” | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #21

3/3 “Wie meistere ich den Spagat zwischen Familie und Beruf?” – Lösungs-Impulse | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #22

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie möchten als C-Level, Vorstand oder sonstiger Top-Manager Arbeit und Beruf besser miteinander vereinen, schaffen es aber einfach nicht, beides miteinander zu versöhnen? Kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de und wir finden gemeinsam eine Lösung!

Bildquelle: Depositphotos #18262403 ©Goodluz

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager