Der Leistungsträger - Blog

Eine Führungskraft in Teilzeit: Kann das funktionieren? Kommt darauf an. Während Jobsharing in einigen Konstellationen denkbar ungeeignet ist, ist es in einem anderen Umfeld für alle Parteien ein äußerst bereicherndes Modell. In diesem Artikel lesen Sie,

Führen in Teilzeit: Alternatives Arbeitsmodell mit Zukunft

Eine Führungskraft in Teilzeit? Für viele klingt das zunächst wie ein Widerspruch in sich. Insbesondere die junge Generation an Führungskräften hat aber mitunter durchaus ein Interesse, Ihre Arbeitszeit (temporär) zu reduzieren – aus ganz verschiedenen Gründen. Damit ist ein entsprechendes Modell auch aus Unternehmenssicht interessant. Schon allein deshalb, weil es eine Möglichkeit ist, das Arbeitsumfeld für Leistungsträger und Könner zu verbessern – und damit die Top-Leute an der Unternehmensspitze zu halten.

Beide Seiten müssen sich öffnen

Damit eine Führungskraft in Teilzeit arbeiten kann, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Sowohl auf Arbeitgeber-Seite als auch bei den betreffenden Führungskräften. Die wichtigste Voraussetzung: Beide Seiten müssen sich öffnen.

  • Arbeitgeber: Arbeitgeber müssen sich dem Gedanken öffnen, dass ein Unternehmensbereich im Jobsharing-Modell von zwei Personen geführt wird. Und dass dies vielleicht ebenso gut funktionieren kann, wie mit einer Führungskraft. Leistungsbereitschaft und Effizienz sind ja nicht unbedingt gleichbedeutend mit dauernder Präsenz und der Länge der Arbeitszeit.
  • Führungskräfte: Zum anderen müssen sich aber auch Führungskräfte selbst einem Prinzip öffnen, das für viele Alpha-Tiere nicht gerade eben leicht zu schlucken ist: „Ich muss austauschbar sein können. Ich muss meine Entscheidungen transparent machen.“ Klar ist, dass ein solches Modell eine hohe soziale Kompetenz von den Beteiligten fordert.

Führen in Teilzeit: Situativ sinnvoll

Für mich ist Führen in Teilzeit ein Modell, das in manchen Situationen möglich und sehr sinnvoll sein kann – in anderen aber kontraproduktiv ist und keinesfalls immer in Frage kommt. Es hängt von diversen Rahmenbedingungen ab und nicht jedes Modell ist für jeden geeignet. Das Zauberwort ist meines Erachtens Individualität. Führung kann vieles sein und unter vielfältigen Rahmenbedingungen funktionieren. Sie sollte zum Unternehmen und den Menschen passen. Und vor allem sollte sie flexibel sein. Und sich immer wieder verändern können. Aber: Wer sich mit dieser Idee beschäftigt und davon überzeugt ist, dass es für das Unternehmen und die individuelle Situation funktionieren könnte, dem rate ich: Nur Mut!

Ich kenne viele Führungskräfte, die auf eine 9 to 5-Routine keinerlei Wert legen. Und für einige Unternehmenslenker ist Teilzeit-Führung ein No-Go. Persönlich denke ich auch, dass sich dies nur in bestimmten Bereichen und mit einem wirklich schlüssigen Konzept durchführen lässt.

3 Tipps, mit denen das Führen in Teilzeit gelingt

Selbst wenn der Bereich, in dem Sie tätig sind, das Führen in Teilzeit prinzipiell zulässt, heißt das nicht, dass die Teilzeitführung auch gelingt. Letzteres kappt nur, wenn Sie ein durchdachtes Konzept verfolgen – und auch persönlich die richtige Einstellung haben. Unbedingt mitbringen müssen Sie: Delegationsfähigkeiten, Vertrauen und den Willen, schnell die richtigen Prioritäten zu setzen.

1.) Delegieren Sie

Egal, wie gut Sie organisiert sind. Der Workload einer Top-Führungskraft lässt sich nicht allein bewältigen. Erst recht nicht in Teilzeit. Umso wichtiger ist es, dass Sie lernen, wichtige Aufgaben richtig zu delegieren. Das heißt:

  • Geben Sie Kontrolle ab, und machen Sie Ihre Mitarbeiter entscheidungskompetent.
  • Übertragen Sie Verantwortung so, dass jeder Mitarbeiter die Aufgaben bewältigen kann, die seinen Fähigkeiten am besten entsprechen.
  • Wirkungsvolles Delegieren braucht Zeit. Diese sollten Sie sich auch einplanen!

Verinnerlichen Sie: Es es nicht Ihre Aufgabe, alles selbst zu „wuppen“ und der „Held“ im Unternehmen zu sein. Vielmehr sollen Sie Ihren Mitarbeitern ermöglichen, über sich hinaus zu wachsen. Denn mit einem fähigen Team im Rücken, kann auch ein Top-Manager durchaus in Teilzeit arbeiten!

2.) Lernen Sie, zu vertrauen

Lange Zeit wurde die Beziehung zu den eigenen Mitarbeitern von Distanz, Misstrauen und Kontrolle geprägt. Eine veraltete Führungskultur, die leider nach wie vor in vielen Chefetagen praktiziert wird. Um auch in Teilzeit effizient führen zu können, müssen Sie mit dieser Einstellung allerdings zwangsweise brechen – und die Kunst des Vertrauens lernen.

Zunächst gegenüber ihren Mitarbeitern. Immerhin sind sie es, die den Laden am Laufen halten. Vertrauen ist die Basis, um wichtige Aufgaben überhaupt erfolgreich delegieren zu können – und die Kontrollabgabe nicht wieder durch toxisches Micromanagement zu konterkarieren.

Aber auch gegenüber Vorgesetzten, Stellvertretern und Kollegen sind Vertrauen und Transparenz in der Kommunikation die Grundlagen einer erfolgreichen Teilzeitführung. Immerhin werden die meisten Teilzeit-Modelle in Spitzenpositionen nur via Jobsharing funktionieren. Fürchten Sie von Anfang an, von Ihren Stellvertretern ersetzt oder Ihrem Chef gefeuert zu werden, öffnet das Missgunst und Machtkämpfen Tür und Tor.

3.) Setzen Sie Prioritäten

Welche Ziele will ich mit meiner Teilzeitarbeit erreichen – persönlich wie beruflich? Wie setze ich diese am besten um? Und was ist jetzt wirklich wichtig? Arbeiten Sie als Führungskraft in Teilzeit, ist es essenziell, die richtigen Prioritäten zu setzen. Anderenfalls ist die Gefahr riesig, von einem Berg an To-Dos begraben zu werden – und den Plan zur Teilzeittätigkeit frühzeitig wieder über Bord zu werfen.

Mein Tipp: Orientieren Sie sich an der Natur und sichern Sie als erstes Ihr höchstes Ziel ab – überleben. Soll heißen: Schalten Sie in den Krisenmodus und unternehmen Sie zunächst alles, dass die Umstellung auf Teilzeit irgendwie funktioniert. Von effektivem Stressmanagement bis hin zur Einführung digitaler Tools zum Führen auf Distanz. Perfektionismus ist hier fehl am Platz. Erst wenn sich die Wogen nach einigen Monaten geglättet haben, können Sie vom Überlebens- in den Wachstumsmodus schalten – und die Prozesse Ihrer Teilzeitführung Schritt für Schritt optimieren.

Studie: Teilzeitführung in Europa

Dass Teilzeitarbeit unter Führungskräften eng von der jeweiligen Branche abhängt, legt auch eine 2019 durchgeführte Studie nahe. So scheinen im Dienstleistungssektor Teilzeit-Modelle unter Führungskräften besonders einfach verwirklicht werden zu können. Im verarbeitenden Gewerbe dagegen finden sich ungleich weniger Teilzeitkräfte in Spitzenpositionen. Insgesamt arbeiten in Deutschland 14 Prozent der Führungskräfte in Teilzeit – im europäischen Vergleich kein schlechter Wert!

Ebenfalls spannend: Laut der empirischen Analyse wünschen sich in Deutschland 17 Prozent der männlichen und 13 Prozent der weiblichen Manager, Ihre Arbeitszeit reduzieren zu können. Dass bei der Umsetzung entsprechender Wünsche durchaus noch Luft nach oben ist, zeigt der Blick in andere Länder. In der Schweiz arbeiten immerhin schon 25 Prozent der Führungskräfte in Teilzeit. In den Niederlanden sind es sogar 27 Prozent.

Führung in Teilzeit: Zum Weiterlesen

Es sind wenige, aber es gibt sie: Unternehmen, bei denen Jobsharing auf der Leitungsebene möglich ist. In der FAZ habe ich einen interessanten Artikel dazu gefunden, der das Führen in Teilzeit aus zwei Perspektiven beleuchtet. Ebenfalls bei der FAZ gibt es ein spannendes Interview zum Thema. Eine IKEA-Personalmanagerin erzählt darin von den Unterschieden der Rahmenbedingungen von Führungsarbeit zwischen Deutschland und Schweden. In Schweden ist man ja unter anderem bezüglich der Vereinbarkeit von Karriere und Familie doch um einiges fortschrittlicher.

Fazit: Jobsharing an der Unternehmensspitze

Abhängig von der Branche und den Rahmenbedingungen ist Führung auch in Teilzeit möglich ist. Es lohnt sich für alle Parteien, die Möglichkeiten eines Jobsharing-Modells auszuloten. So kann es auch für Führungskräfte durchaus üblich sein, schon um halb 5 das Büro zu verlassen. Auf diese Weise bleiben neben dem Job eben auch noch Zeit und Energie für die Familie und andere Zutaten eines erfüllten Lebens. Und eine bessere Work-Life-Balance als Manager erhöht letztlich auch die Motivation, im Job weiterhin 110% Leistung zu bringen.

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie können sich ein Teilzeit-Modell durchaus vorstellen, wissen aber nicht, wie Sie Ihrem Vorgesetzten ein Jobsharing-Modell vermitteln sollen? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de. Gemeinsam finden wir eine Lösung, um Ihre Arbeitsbelastung zu reduzieren. Sei es durch eine Arbeitszeitreduzierung oder auf anderem Weg.

Bild: Andrea Piacquadio / pexels

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager