Der Leistungsträger - Blog

Die Führungskultur prägt die Atmosphäre eines Unternehmens. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Mitarbeiterbindung. Umso wichtiger ist es für C-Level, Geschäftsführer, Vorstände oder Vorstandsvorsitzende, eine positive, wertschätzende Führungskultur zu entwickeln. Wie das gelingen kann, möchte ich im Folgenden ausleuchten.

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Was ist Führungskultur?

Die „Führungskultur“ fasst in erster Linie die Art und Weise zusammen, wie die Manager eines Unternehmens gegenüber ihren Mitarbeitern auftreten, kommunizieren und führen. Was genau unter diesem Leitbild inhaltlich zu verstehen ist – und damit auch die Frage, wie Top-Führungskräfte die Führungskultur verbessern können – wird immer wieder neu diskutiert. Wer sich an einer zeitgemäßen Definition von Führungskultur versucht, landet jedenfalls schnell beim Thema moderne Führung.

Führungskultur im Wandel: Der Fokus liegt auf moderner Führung

Moderne Führung ist ein echtes Dauerbrenner-Thema das mal mehr, mal weniger präsent in den einschlägigen Wirtschaftsmedien diskutiert wird. Aktuell ist mal wieder so eine Phase, in der besonders viel über Führungskultur geschrieben wird – vielleicht ein Spiegel dafür, welche Bedeutung moderne Führung für die Wirtschaft hat und wie wenig doch in der Praxis bislang wirklich passiert. Immerhin können moderne Führungsstile nur etabliert werden, wenn sich die Strukturen ändern und der Wandel nicht vor dem Top-Management halt macht.

Führungskultur verbessern: 4 Tipps im Überblick

In den letzten Jahren habe ich viele Einzelinterviews mit C-Level-Managern geführt und in fast jedem zweiten Gespräch gehört:

Wissen Sie, was mir echt zu schaffen macht: Immer wieder nehme bei unserem Vorstand, Aufsichtsrat, etc. folgendes Verhalten wahr: Wasser predigen und Wein trinken – dieser Spagat ist für mich kaum zu händeln.“

Geht’s Ihnen genauso? Dann sind Sie mit dieser Erfahrung definitiv nicht alleine! In vielen Unternehmen müsste eine konsistente Führungskultur entwickelt und im Anschluss gelebt werden. Die gute Nachricht: Als Spitzen-Führungskraft – sei es im C-Level-Management oder im Vorstand – haben Sie die Möglichkeit, die Führungskultur aktiv zu verbessern! Im Folgenden gebe ich Ihnen einige Tipps, wie das gelingen kann.

1.) Seien Sie Vorbild

Aktuell befinden sich fast alle Unternehmen im Umbruch bzw. in der Transformation. Dabei verändert sich auch die Führungskultur. Und natürlich braucht das seine Zeit! Die Frage ist nur: Wo soll es auf Dauer hin? Und wie kommt man da am besten hin? Meiner Erfahrung nach ist der bedeutendste Faktor, wenn Sie die Führungskultur verändern wollen: Gelebtes Vorbild!! Hört sich sehr einfach an, ist es in der Theorie auch. Allerdings ist die reale Umsetzung immer wieder eine Herkulesaufgabe. Denn hierzu müssen Sie zunächst mal Ihren eigenen Führungsstil finden.

2.) Machen Sie sich die Mechanismen der Führungskultur klar

Flache Hierarchien machen noch keine gute Führungskultur. Darauf weist Nico Rose im Artikel Wie hätten Sie es denn gerne? hin. Der Autor plädiert dafür, sich erst einmal klarzumachen, aus welchen Faktoren eine Führungskultur überhaupt besteht. Ein Baustein ist die Hierarchie. Wie Rose richtig schreibt, ist eine flache Hierarchieebene noch kein Garant für ein demokratisches Führungsverständnis. Wesentlich nämlich ist auch die Qualität der Beziehungen zwischen Management und Mitarbeiter. Welche Art der Führung wird gelebt? Autoritär oder partizipativ? Entscheidet der Mitarbeiter über den Weg zum Ziel selbstständig? Wird dieser Führungsstil konsequent bis ganz oben umgesetzt?

3.) Lassen Sie Widerspruch zu

Ein weiterer Hinweis darauf, dass ein Unternehmen auf dem Weg zu einer wertschätzenden Führungskultur ist: Ein Mitarbeiter kann seiner Führungskraft widersprechen. Die Wissenschaft nennt diesen Faktor „power distance“. Je geringer diese Distanz zur Macht, desto höher die Wertschätzung für jeden einzelnen Mitarbeiter. Ein weiterer wichtiger Faktor der Führungskultur: Wie wird man eigentlich zur Führungskraft? Sind die Mitarbeiter in den Prozess der Auswahl (und möglicherweise Abwahl) eingebunden?

4.) Betrachten Sie das Thema moderne Führung differenziert

Der Autor Nico Rose plädiert dafür, das Thema moderne Führung differenziert zu betrachten. Und auch hier stimme ich ihm zu. Unternehmen sollten sich die einzelnen Aspekte der Führungskultur genau anschauen. Erst dann könnten sie klug entscheiden, welche modernen Führungsansätze wirklich zu ihnen passen. Der Artikel endet mit dem Satz:

„Ein weiter-wie-bisher wird sich auf lange Sicht kaum eine Organisation leisten können.“

Stimmige Führungskultur: Beispiel aus meinem Führungskräfte-Coaching

Daniel P. ist Anfang 50. Seit ca. 10 Jahren führt er sein Unternehmen sehr erfolgreich. Seine Mitarbeiter: hochqualifizierte Ingenieure. Er selbst: hochanspruchsvoller Visionär. Irgendwann kommt er frustriert ins Führungskräfte-Coaching und beschwert sich über seine Mitarbeiter.

Ist die „moderne Führungskultur“ wirklich alternativlos?

Die denken alle nicht mit, die arbeiten nur ab. Dabei führe ich mit modernem Führungsstil. Habe jederzeit meine Bürotür offen, lade zum Gespräch ein. Aber keiner kommt. Ebenso habe ich die Gebühren fürs Fitnessstudio für alle Mitarbeiter bezahlt. Doch keiner geht hin. Ich möchte eine moderne Führungskultur – auf Augenhöhe und gleichberechtigt führen – aber die Mitarbeiter ziehen nicht mit.

Auf meine Frage: „Warum wollen Sie denn eine moderne Führungskultur leben?“, schaute er mich entgeistert an und schüttelte den Kopf: „Na, weil man das doch jetzt haben muss. Sonst bekommt man keine Mitarbeiter mehr.“

Wenn der Chef die eigene Führungskultur nicht lebt

Wirklich?! Nach einigem Hin und Her wurde deutlich, dass Daniel P. am liebsten klare Ansagen machen wollte, vorgeben wollte, wer wann was zu tun habe – auf den „Kuschelkurs“ hatte er keine Lust. Aus Angst, dass er Mitarbeiter verlieren würde, verhielt er sich „offen und dialogbereit“. Es wurde deutlich, dass er damit letztlich eine Doppelbotschaft nach außen signalisierte. Die Mitarbeiter wussten gar nicht mehr, woran sie sich orientieren sollten – an den „modernen“ Worten oder an dem „autoritären“ Verhalten? Aus lauter Verunsicherung verhielten sie sich mehr oder weniger passiv – eben genauso ambivalent, wie ihr Chef.

Der Weg zur klaren Führungskultur

Wir entwickelten einen Weg, wie Daniel P. deutlicher dazu stand, wovon er als Chef überzeugt war und sich „glaubwürdiger“ verhielt. Im Ergebnis war er wieder klarer, für die Mitarbeiter greifbar. Die Führungskultur war eher „old-school“ als „modern“ – aber eben für Daniel P. stimmig. Was glauben Sie selbst, was passierte?

Die Mitarbeiter, die genau diese Führungskultur mochten – und das waren in seinem Unternehmen mehr als 60 % – engagierten sich deutlich mehr als vorher. Einigen wenigen war das zu hierarchisch und sie suchten sich andere Arbeitgeber. Gleichzeitig bewarben sich genügend andere gute Mitarbeiter, die auf den „Soft Kram“ keine Lust hatten. Lesson learned, wie man so schön sagt.

Fazit: Die 5 wichtigsten Take-aways zur Führungskultur

Zum Abschluss möchte ich fünf Punkte noch einmal zusammenfassend festhalten, die mir besonders wichtig sind:

  1. Führungskultur ist das, was „da“ ist und nicht das, was angeordnet wird. Auch die Leitlinien in einer Hochglanzbroschüre bestimmen nicht über die gelebte Führungskultur.
  2. Die Führungskultur bestimmt weit mehr als alles andere, ob Ihre Mitarbeiter auf Dauer bei Ihnen bleiben oder nicht. Die Führungskultur bestimmt also maßgeblich die Loyalität Ihrer Mitarbeiter.
  3. Die Führungskultur beeinflusst daher auch entscheidend, welche Mitarbeiter bleiben oder gehen. Fragen Sie sich selbst: Sind bei den letzten Kündigungen die „besten Pferde im Stall“ gegangen? Sehen Sie das bitte als Alarmstufe „rot“. Sind stattdessen diejenigen gegangen, die Sie insgeheim schon immer loswerden wollten? Dann dürfen Sie sich auf die Schulter klopfen: Sie sind nicht mehr attraktiv für die Low Performer.
  4. Aus aktuellem Anlass möchte ich noch einmal dringend dazu auffordern: Bitte laufen Sie nicht jedem Hype und jeder neuen Methode hinterher. Nur, weil gerade eine neue Heilslösung ausgerufen wird, heißt das noch lange nicht, dass diese zu Ihnen und zu Ihrem Unternehmen passt.
  5. Richtige und falsche Führungskultur? Ich plädiere dafür bei Führungskultur auf die Unterscheidung „richtig“ und/oder „falsch“ zu verzichten, sondern stattdessen eher über „stimmig“ oder/und „nicht stimmig“ nachzudenken.

Sie hören lieber?

Hier geht es zur passenden Folge im Podcast “Leben an der Spitze”:
Führungskultur: Ich muss ja modern führen! Wirklich? | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #88

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Wenn auch Sie herausfinden wollen, mit welcher Führungskultur SIE am erfolgreichsten werden, dann schreiben Sie mir unter info@galileo-institut.de.

Foto von Pexels / Yan Krukov

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager