Der Leistungsträger - Blog

Ständig Meetings – online wie offline. Permanent erreichbar sein müssen – über zahllose Kanäle. Und selbst im Urlaub kaum eine Möglichkeit abzuschalten. Dauerstress ist aus gutem Grund schon beinahe zur „Modeerscheinung“ geworden. Erst recht unter Top-Führungskräften wie C-Level, Geschäftsführern oder Vorständen. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie Sie als Geschäftsführer einen Burnout – eine der schlimmsten psychischen Folgeerkrankungen von Dauerstress – verhindern können. Im Folgenden lesen Sie

Das schleichende Gift: So entsteht Dauerstress

Viele meiner Klienten – Unternehmenslenker, Geschäftsführer, Vorstände, Führungskräfte des C-Level-Managements – bewegen sich oft jahrelang an der Schmerzgrenze oder gehen darüber hinaus. Das war so nicht geplant, hat sich „eben so ergeben“.

Die Entwicklung zum Dauerstress beginnt ganz harmlos: Am Anfang ist es noch die Euphorie, etwas bewegen zu wollen. Vielleicht haben Sie Ihre Position neu übernommen. „Da muss man doch Einsatz zeigen und mal auf die Tube drücken, oder?“ Sie wissen, dass dies eine Ausnahmephase ist, „Später wird es ruhiger“. Nach einigen Mühen stellen sich die ersten Erfolge ein, die Motivation in diesem Tempo weiterzuarbeiten ist hoch. „Diese Phase muss ich doch ausnutzen!“

Vielleicht kommt dann eine schwierige Phase, oder sogar eine Krise. „Jetzt muss ich die Zähne zusammenbeißen und mit gutem Beispiel vorangehen.“

Soll ich noch weiter fortfahren oder erkennen Sie das typische „Muster“, wie aus Begeisterung Dauerstress wird? Eben schleichend. Und das ist das Fatale daran. Sind Manager im Stress, hat das über kurz oder lang ganz massive Folgen – auf die körperliche wie geistige Gesundheit. Anhaltender Druck führt selbst eigentlich stressresistente Geschäftsführer in den Burnout.

Damit möchte ich Sie nicht kritisieren. Im Gegenteil, denn das Phänomen des Dauerstresses kennen i. d. R. nur die richtig Guten, also die High Performer und Leistungsträger, wie ich sie an verschiedenen Stellen schon beschrieben habe.

Stress: Wie Geschäftsführer Symptome erkennen

Ehrlich gesagt, häufig erkennen wir selbst die Symptome von Dauerstress nicht wirklich. Nein, das ist nicht wahr. Wir verdrängen sie.

Aber unser Umfeld erkennt sie sehr wohl. Wir hören dann häufiger Sätze wie:

  • Du bist so griesgrämig!
  • Du wirkst wie unter Strom!
  • Du hörst ja gar nicht mehr zu!
  • Mit Dir kann man gar nicht mehr reden!
  • Du hast Dich stark verändert! Früher konnte man mit Dir noch lachen!“
  • „Du bist extrem schnell – auch in Deiner Sprache!“

Oftmals fühlen wir uns dann auch noch angegriffen, nicht gesehen und wertgeschätzt. Immerhin verzichten wir doch auf soooo viel und kümmern uns nur um die Belange des Unternehmens, der Mitarbeiter, der Kunden, der Familie…

Körperliche Stress-Anzeichen bei Top-Managern

Werden wir mal konkret: Die Auswirkungen von Stress äußern sich vielfältig. Die meisten davon sind bei langanhaltender Überbelastung äußerst gefährlich. Ich lenke Ihren Blick zunächst mal auf die körperliche Ebene. Hier können Sie Stress oder Dauerstress an folgenden „Alarmzeichen“ erkennen:

  • Herz- und Kreislaufbeschwerden wie Bluthochdruck, Schwindelgefühle, Herzrasen und Atembeschwerden
  • Kopf-, Nacken-, Rücken- und Gelenkschmerzen
  • Magen-Darm-Erkrankungen wie Durchfall, Verstopfung, Reizdarm und Sodbrennen
  • unkontrollierbare Symptome wie Zuckungen und Muskelkrämpfe
  • Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Erschöpfung
  • Hautreaktionen

Bei wie vielen Punkten können Sie schon ein (kleines) „Ja“ formulieren?

Psychische Folgen von Dauerstress bei Geschäftsführern: Burnout bis Herzinfarkt

Doch Dauerstress kann nicht nur physische, sondern auch psychische Konsequenzen haben. Bei anhaltendem Stress ist die Gefahr eines Burnouts bei Geschäftsführern hoch. Ja, das haben Sie auch schon mal gehört oder gelesen. Aber: Das hat ja mit Ihnen nichts zu tun, Sie haben doch Ihr Leben im Griff, gleichen den Stress mit Sport aus. Am besten mit Marathon oder Triathlon, oder?

Das Problem: Stecken Sie erstmal im Teufelskreis drin, scheint es schwer, ihn zu durchbrechen. Wenn Sie sich als Geschäftsführer im Dauerstress befinden, gestehen Sie sich oft erst recht keine Pause zum Atemholen und zur Reflexion darüber zu, was denn eigentlich schiefläuft. Schließlich sind da ja so viele Tagesaufgaben und der Berg wird immer größer und größer. Als Hochleistungs-Persönlichkeitstyp haben Sie vermutlich nicht gelernt, sich selbst Pausen zuzugestehen und in sich hineinzuhorchen. So wichtig wollen Sie sich gar nicht nehmen. Gut möglich, dass Sie Ihre Überlastung und Unzufriedenheit sogar fälschlicherweise als Schwäche interpretieren. Dass das alles „Fehlannahmen“ sind und Sie sich selbst damit ganz schön hinters Licht führen, werde ich gleich noch weiter ausführen.

Angst, Depression, Burnout: Wenn das Maß voll ist

Ich möchte an dieser Stelle zunächst die psychischen Folgen von Dauerstress noch einmal auf den Punkt bringen. Leider lege ich dabei den Finger in die schmerzhafte Wunde und ich hoffe, Sie als Top-Manager, C-Level oder Geschäftsführer verzeihen mir die Deutlichkeit.

Die bei Stress ausgeschütteten Hormone sind dann gefährlich für Ihre Gesundheit, wenn sie – wie bei Dauerstress – zu häufig ausgeschüttet werden und der Körper sich daran gewöhnt. In der Folge entwickelt sich ein Stress-Symptom nach dem anderen. Doch irgendwann ist das Maß voll. Stresshormone wie Kortisol schwächen die Immunabwehr und Stress-Symptome wie Erschöpfung, Depression oder Krankheiten treten auf.

Dauerhafter sowie belastender Stress schaden der körperlichen Gesundheit und der Seele und können Folgeerkrankungen auslösen. Beispiele hierfür sind:

  • Burnout
  • Depressionen
  • Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS)
  • Angst und Angststörungen
  • Zwangsstörungen
  • Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit
  • Suchterkrankungen
  • Essstörungen

Wollen Sie das? Ich glaube kaum.

Als Geschäftsführer im Dauerstress – ein Praxisbeispiel

Als der 58-jährige Mit-Geschäftsführer eines mittelständischen IT-Unternehmens zu mir ins Führungskräfte-Coaching kommt, hat er seine persönliche Überlastungsgrenze schon seit mindestens zwei Jahren überschritten. Er reagiert nur noch und agiert nicht mehr. Er hat Angst einen Herzinfarkt zu bekommen.

Nach außen sieht das alles nach einer Bilderbuchkarriere aus. Ihm wurde sogar die Position als Vorstand angeboten. Trotzdem ist er total unzufrieden und unglücklich. Eigentlich weiß er gar nicht so recht, was mit ihm los ist. Die langen Tage haben ihm doch früher nichts ausgemacht, klagt er. Er schiebt es auf sein Alter. Ganz typisch ist das Tempo, das er vorlegt: Er will gaanz schnell, möglichst sofort eine Lösung und bucht gleich ganze Coaching-Tage, damit wir ja keine Zeit verlieren. Er überfordert sich nicht nur im Job, sondern auch im Coaching komplett. An dieser Stelle sehen wir, warum ein Burnout Manager, die sich als Leistungsträger definieren, sehr häufig betrifft.

Sein Wunsch: „Geben Sie mir eine Methode für den Dauerstress, dann wird es schon gehen“. Die Fantasie: „Mit gehörigem Tempo, einer oder mehrerer Methoden oder Tools wird dieser Stress schon wieder verschwinden. Dann habe ich alles wieder „im Griff“. Kurz: Er wünschte sich eine Stressbewältigungsstrategie am Arbeitsplatz, ohne an der wirklichen Ursache ansetzen zu wollen.

Schnell verpufft der Druck

Ich bremse ihn erstmal etwas aus, hole ihn auf den Teppich, wir reduzieren auf halbe Tage. Es ist nun mal so: Wenn man über Jahre Unzufriedenheit, Überlastung und Dauerstress ignoriert hat, lässt sich nicht mit einem kurzen Fingerschnippen das ganze Problem lösen. Trotzdem ist schon nach ein bis zwei Coaching-Terminen die Last bei meinem Klienten deutlich geringer. Endlich kann er über seine Gefühle reden, endlich hat er ein Gegenüber, das ihn wirklich versteht. Allein dieser Austausch macht unglaublich viel aus. Der ganze selbst aufgebaute Druck verpufft schnell und so kommen wir bald auf die wirklichen Gründe für seine Unzufriedenheit und seinen Dauerstress zu sprechen.

Viele Gründe können Geschäftsführer in den Burnout führen

Wie stets greifen hier verschiedene Aspekte ineinander.

  • Ihn beschäftigt sein Alter: Was soll eigentlich passieren, wenn er in Rente geht? Er ist auf der Sinnsuche.
  • Ihm passt die Kultur in „seinem“ Unternehmen nicht wirklich.
  • Er ist darüber hinaus im Dauer-Clinch mit dem Co-Geschäftsführer.
  • Er fühlt sich aufgefressen vom operativen Tagesgeschäft – Aufgaben, die ihm überhaupt nicht liegen.
  • Außerdem liegt ihm auch noch das Vorstands-Angebot im Magen: Wird dann nicht alles nur noch schlimmer? Wenn er sich schon als Geschäftsführer völlig überlastet fühlt, wie wird es erst dann? Andererseits: Kann er es überhaupt mit sich vereinbaren, so ein Angebot abzulehnen?

Ich möchte Ihnen jetzt nicht zu viel verraten. Aber nach und nach – mit den richtigen Fragen, mit Methoden wie dem Chipkarten-Modell und der Traumreise – hat mein Klient zu all diesen Punkten eine innere Klarheit entwickelt. Und diese gab ihm die Gestaltungsfreiheit, die Vorstandsposition abzulehnen, mit seinem Co-Geschäftsführer eine Linie zu finden, die beide zufriedenstellt, sich aus dem Operativen peu à peu zurückzuziehen und den Kulturwandel im Unternehmen voranzutreiben.

Heute – 2 Jahre später – ist vom Aufhören keine Rede mehr. Im Gegenteil, er gestaltet den Kulturwandel im Unternehmen. Er hat ein Gespür bekommen, wann seine Grenze erreicht ist und weiß Maßnahmen, wie er es erst gar nicht mehr zum Dauerstress kommen lässt. Damit ist er auch kein Burnout-Kandidat mehr. Er hat seinen ganz individuellen „Plan“ entwickelt und setzt ihn um.

Als Geschäftsführer Burnout vermeiden – meine Tipps

1.) Respektieren Sie Ihren Leistungstyp!

Im Rahmen meines bioSystemik®-Managementkonzepts führe ich gerne Vergleiche mit der Natur an. Schauen Sie sich Raubkatzen an. Löwe und Gepard sind auf ihre Art mit völlig unterschiedlichen Leistungssystemen erfolgreich. Viele Geschäftsführer gehören zum Typus Gepard. Sie können sehr schnell unglaublich viel leisten – dann aber brauchen sie Pausen, um ihre Batterien wieder aufzufüllen. Vernachlässigen Sie das nicht und finden Sie heraus, was Ihre idealen Akku-Ladestationen sind.

2.) Delegieren Sie!

Wenn Sie als Geschäftsführer zu sehr im Tagesgeschäft eingebunden sind, führt das nicht nur zu persönlicher Überlastung, Sie können auch Ihren eigentlichen Aufgaben nicht nachgehen. Gehen Sie dieses Thema an, delegieren Sie operative Aufgaben an Ihre Führungskräfte und holen Sie sich nötigenfalls Unterstützung.

3.) Was macht Ihnen Stress?

Machen Sie sich bewusst, was Sie wirklich belastet und zu Dauerstress oder gar Burnout führt. Sind es wirklich die vielen Aufgaben, oder sind es evtl. auch emotionale Dinge, die nicht viel Zeit, aber sehr viel Energie fressen? Entwickeln Sie Ihr persönliches Stressmanagement.

4.) Balance-Management – statt Work-Life-Balance

Dauerstress umgehen: Nicht nur hohe Anforderungen im Beruf, sondern auch ein volles Privat-Leben. Gefüllt mit Leistungssport, familiären Verpflichtungen oder anderen „Höchstleistungen“. So übertragen sie den Dauerstress im Beruf nun auch auf das Privatleben und nennen das Work-Life-Balance. Ich selbst nenne es Dauerstress in allen Lebensbereichen. Versuchen Sie es stattdessen mal mit Balance-Management. Lesen Sie, wie ein Geschäftsführer dies für sich umgesetzt hat und wieder richtig Urlaub machte.

5.) Die Krux mit Multitasking – Multitasking frisst Zeit!

Es gibt immer noch den ein oder anderen, der glaubt multitaskingfähig zu sein. Jetzt ist es endgültig widerlegt. Multitasking ist DER Produktivitätskiller. t3n formuliert: „Schließlich könne sich das Gehirn beim Multitasking nie auf eine Sache einstellen und springe immer nur hin und her. So entstehen Mitarbeiter, die sich nicht 100-prozentig auf eine Sache konzentrieren können, dadurch langsamer arbeiten und weniger aufmerksam sind. Multitasking frisst Zeit. Um wirklich effektiv zu arbeiten, sollten sich Berufstätige immer nur auf eine Sache konzentrieren – das spare bis zu 40 Prozent Arbeitszeit ein.

6.) Professionelles Reflektieren

Nehmen Sie sich ein- bis zweimal im Jahr die Zeit herauszufinden, wo Sie stehen, was gut läuft und was nicht und korrigieren Sie wenn nötig Ihren Kurs.

Fazit

Jetzt wissen Sie, wie bei Top-Managern, Vorständen und Geschäftsführern Burnout und Dauerstress zusammenhängen. Meistens entsteht Dauerstress schleichend, zunächst aus Lust und Motivation, bevor er zur Belastung führt. Es gibt zahlreiche Symptome, an denen Sie Dauerstress erkennen können. Handeln Sie bitte, bevor Sie die körperlichen und psychischen Folgen von Dauerüberlastung zu spüren bekommen. Erkennen Sie sich in dem Beispiel des 58-jährigen Geschäftsführers wieder? Die Ursachen für Dauerstress liegen nicht nur in der vielen Arbeit, sondern häufig in nagenden Fragen, auch Sinnfragen. Im letzten Abschnitt haben Sie ein paar wertvolle Impulse erhalten, wie Sie Ihren Dauerstress abbauen.

Nehmen Sie sich jetzt bitte EINEN Aspekt vor, den Sie ausprobieren und Erfahrungen sammeln, wie Sie damit Ihren Stress abbauen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Experimentieren.

Sie hören lieber?

Hier geht es zur passenden Folge in meinem Podcast „Leben an der Spitze“:

Dauerstress: Wann ein Burnout Geschäftsführer trifft | RAUS AUS DEM HAMSTERRAD #205

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie haben Schwierigkeiten damit, Ihren Dauerstress in den Griff zu bekommen? Sie fürchten, dass der Burnout schon um der nächsten Ecke lauert? Kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de – und wir finden gemeinsam einen Weg, wie Sie Überlastungen effektiv abbauen können!

Foto von Tima Miroshnichenko von Pexels

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager