Der Leistungsträger - Blog

Die Ausgangssituation

Mein Klient Thomas B. ist im Mittleren Management eines großen Konzerns und sehr karriereorientiert. Bislang ist in seinem Leben alles glatt gelaufen. Die Beförderung steht an, er muss nur noch mal eben das übliche AC fürs Topmanagement absolvieren. Alles scheint nach Plan zu verlaufen, auch das Umfeld ist davon überzeugt: „Das schaffst du doch mit links.“

Doch am Tag des AC kommt alles anders. Die Führungskraft blockiert total: „So etwas ist mir in meinem Leben noch nicht passiert, ich habe völlig den Boden unter den Füßen verloren und richtig blöde Fehler gemacht.“

Ergebnis: durchgefallen!

Subjektives Gefühl: Ich bin ein Totalversager!

Thomas B. ist am Boden zerstört, sein Selbstbewusstsein leidet enorm unter dem Blackout im AC. Immer wieder fragt er sich, warum er so dermaßen versagt hat. Und die Selbstzweifel führen dazu, dass er nun auch bei seinen täglichen Aufgaben, die er sonst fast im Schlaf gestemmt hat, immer öfter Fehler macht.

Darüber hinaus wird er misstrauisch und denkt, dass alle im Unternehmen von seinem „Versagen“ wüssten. Er traut sich kaum noch, sich im Unternehmen zu bewegen oder Gespräche zu führen, weil er glaubt, dass ihn ohnehin alle als „Niete“ betrachten.

„Ich war fest davon überzeugt, dass ich meine Karriere in diesem Unternehmen vergessen konnte. Am liebsten hätte ich gleich selbst gekündigt. Und obwohl mein Umfeld mich immer unterstützte, kam der Trost leider gar nicht an. Nach drei Monaten, die für mich die Hölle waren, bot mein Chef mir ein Coaching an. Ich dachte, ich hätte ja sowieso nichts mehr zu verlieren, also sagte ich zu – aber ohne mir allzuviel davon zu versprechen.

Dem Perfektionismus auf der Spur

Allerdings wollte ich unbedingt verstehen, was mir da in dem AC passiert war. Und ich wollte Strategien entwickeln, um in ähnlichen Situationen in Zukunft souveräner reagieren zu können.

Im Auftragsklärungsgespräch formulierte mein Chef ein paar Sätze, mit denen ich damals noch nicht so viel anfangen konnte: „Lernen Sie, sich nicht zu verschleißen, und finden Sie eine Form, mit Ihrem Perfektionismus besser umzugehen.“ Für mich ging es ja hier um ganz existenzielle Fragen, und ich verstand wirklich nicht, was mein Chef mir damit sagen wollte. War mir aber egal – Hauptsache, ich konnte mich mal mit jemanden zu dem Thema austauschen.“

Den wirkungsvollsten Hebel finden

Als sein Coach schlug ich Thomas B. vor, an dem Punkt anzusetzen, der die größte Wirkung erzielen würde. Anders als von ihm erwartet, gruben wir zunächst nicht nach den Ursachen für sein „Versagen“. Stattdessen schauten wir uns einmal an, was er mit dem Thema Leistung verband.

„Ich entdeckte, dass mir Leistung extrem wichtig war und ich alles perfekt machen wollte. Aber tatsächlich wusste ich nie so richtig, wann etwas wirklich gut war. Irgendwie fehlten mir die richtigen Maßstäbe. Nach außen schien ich zwar sehr selbstbewusst zu sein, aber innerlich wurden die Selbstzweifel immer stärker.“

Die Strategie von Thomas B. – das wurde ihm in unserer Arbeit bewusst – war: Ich mache einfach immer extrem viel. Er leistete unglaublich viel, bereitete sich immer perfekt vor, kontrollierte seine Mitarbeiter bis auf die 3. Stelle hinter dem Komma – und verlor bei alldem den Überblick. Seine Wahrnehmung verengte sich immer mehr, er sah zwar, was „im Facettenauge einer Fliege“ schief lief – aber die Fliege selbst konnte er gar nicht mehr erkennen.

Das kostete ihn unendlich viel Kraft und Zeit, aber in der Vergangenheit hatte dieses Verhalten im Hinblick auf seine Karriere durchaus funktioniert. Bis die Belastung einfach zu groß wurde.

Wissen, was „richtig“ ist – auch für die Karriere

Nun ging es darum herauszufinden, wie er selbst bestimmen könnte, wann etwas „richtig“ sei. Thomas B. war verwirrt:

„Ich sollte auf mein Bauchgefühl achten, meine innere Stimme. Damit konnte ich zuerst gar nichts anfangen. Aber ganz allmählich bekam ich tatsächlich ein Gefühl dafür, was damit gemeint war. Ich stellte fest, dass ich mich in der Vergangenheit oft an die so genannten „Fakten“, die „Realität“ geklammert hatte. Aber als Happich mich fragte, was denn eigentlich „real“ oder „wahr“ sei und wer das bestimmen würde, kam ich ins Grübeln. Ist es die Wahrheit, wenn ein einflussreicher Manager bei uns etwas sagt, der schon viel Erfahrung hat? Oder was ist sonst ein Gradmesser dafür?

Ich begreife, dass es manchmal gar kein objektives Richtig und Falsch gibt, sondern einfach verschiedene Möglichkeiten, eine Sache zu betrachten. Happich erklärt mir darüber hinaus wissenschaftliche Erkenntnisse zum Bauchgehirn, das älter ist als unser Kopfgehirn.

Ich lerne, stärker darauf zu hören, was meine eigenen Gefühle und Gedanken zu bestimmten Dingen sind. Zum ersten Mal in meinem Leben achte ich ganz bewusst auf mein Bauchgefühl – eine interessante Erfahrung!

Ist mein Bauchgefühl die Wahrheit?

Mir wird nämlich klar, dass ich eigentlich immer richtig gelegen wäre, wenn ich auf mein Bauchgefühl gehört hätte. War das Bauchgefühl also meine ganz eigene „Wahrheit“? Ich experimentierte damit und machte immer öfter die Erfahrung: Wenn ich mich auf mein Bauchgefühl verlasse oder wenigstens darauf höre, dann gehen die Dinge besser aus.“

Thomas B. stellte fest, dass er in der Vergangenheit mehr „funktioniert“ als gelebt hatte, aber das war ihm gar nicht aufgefallen. Von seinem Bauchgefühl war er völlig abgeschnitten. Je mehr wir nun trainierten, darauf zu vertrauen, umso öfter machte Thomas B. die Erfahrung, sich souveräner und gelassener zu fühlen. Und das wirkte sich auch auf seine Ergebnisse aus:

„Ich hatte viel mehr Spaß bei der Arbeit, und die Ergebnisse waren echt klasse. Ich hätte das vor dem Coaching nie für möglich gehalten, dass ich mit so viel Freude so tolle Ergebnisse erzielen kann. Und dass sich das so positiv auf meine Karriere auswirken würde.“

Mit Leidenschaft weiter nach oben

Thomas B. hat heute ein ganz anderes Verständnis für seine Arbeit. Er arbeitet weiterhin mit vollem Einsatz – aber dazu mit großer Freude und Begeisterung. Und er bringt damit großartige Ergebnisse, so dass man inzwischen im Topmanagement auf ihn aufmerksam wurde:

„Das Coaching hat mein Leben in einem halben Jahr echt komplett verändert.

Ich habe erkannt, was mir wirklich Freude macht und wie ich das am besten für meine Ziele einsetze. Ich erreiche dadurch auf leichtere Art und Weise qualitativ höherwertige Ergebnisse mit weniger Zeiteinsatz. Und mein Leistungsverständnis hat sich total verändert. Ich funktioniere nicht mehr nur, sondern gestalte mit. Dadurch werde ich von maßgeblichen Schlüsselpersonen wahrgenommen und wertgeschätzt. Ich denke, dass meine Karriere nun den entscheidenden Weg nach vorne geht.

In Zahlen ausgedrückt könnte man sagen, dass ich mit ca. 10 % weniger Zeitaufwand ca. 10 – 20 % mehr Ergebnisse erziele – und zwar mit rund 20 % höherer Qualität.“

Lebensfreude wieder gefunden

Thomas B. hat darüber hinaus einen weiteren positiven Effekt festgestellt: Indem er gelernt hat, seinem Bauchgefühl zu vertrauen, kann er auch besser loslassen. Das hat auch sein privates Umfeld zur Kenntnis genommen, und er bekommt auch hier viel positives Feedback.

Wie stehen Sie zu Ihrem Bauchgefühl? Nutzen Sie es bereits für Ihre Karriere? Und in welcher Weise hilft es Ihnen bei Ihren Entscheidungen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.

Ihre

Gudrun Happich

Executive-Coach Gudrun Happich schreibt auch bei
CIO Magazine
Harvard Business Manager